Ölrouten im Persischen Golf: Streit um drei Mini-Inseln
Im Streit zwischen den Arabischen Emiraten und dem Iran um drei kleine Inseln im Golf geht es um strategische Interessen. Die Ölzufuhr der Welt hängt an dieser Passage.
ABU DHABI taz | Trotz Palmen und weißem Sand – kaum jemand käme je auf die Idee, auf Abu Musa und den kleinen und großen Tunb-Inseln Ferien zu machen. Die drei winzigen Flecken im Persischen Golf sind kaum besiedelt und selbst mit dem eigenen Boot nur schwer zu erreichen. Der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate streiten seit 40 Jahren darum, wem diese Miniinseln gehören.
Das Emirat mit seinen Glitzermetropolen Dubai und Abu Dhabi hat vor Kurzem seinen Gebietsanspruch auf Abu Musa und die Tunb-Inseln neu formuliert und so wütende Reaktionen aus Teheran hervorgerufen. Schützenhilfe bekommen die Emirate vom großen Nachbarn Saudi-Arabien, das traditionell mit dem Iran um Einfluss in der Region kämpft.
Nur die allerwenigsten Iraner oder Emiratis haben jemals Abu Musa, die größte der drei Inseln, besucht. Der Sandflecken von knapp 13 Quadratkilometern mit etwa 2.000 Einwohnern hat jedoch strategische Bedeutung. Die Insel liegt nahe der Straße von Hormus. Öltanker und andere große Schiffe müssen den Wasserweg zwischen Abu Musa und den Tunb-Inseln passieren, weil das Gewässer sonst nirgendwo tief genug ist. Die ölexportierenden Länder am Golf sind daher auf die Straße von Hormus angewiesen. Etwa ein Viertel der Weltölproduktion wird von den Häfen in Kuwait, Katar, Bahrain, Irak und den Emiraten durch die Meerenge transportiert.
Kein Wunder also, dass die Emirate ihren Anspruch auf die Inseln in der Schifffahrtsstraße neu bekräftigen, nachdem der Iran bereits Ende Dezember 2011 damit gedroht hatte, die Durchfahrt zu blockieren, falls die vom Westen verhängten Sanktionen den für Iran überlebenswichtigen Ölexport zum Erliegen bringen sollten. Teheran unterstrich dies mit einem tagelangen See-Manöver. Im Gegenzug schickten Großbritannien, die USA und Frankreich eine Flotte von Kriegsschiffen, um die Ölroute zu schützen.
Ahmadinedschad kam vorbei
Im April bekam Abu Musa hohen Besuch: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad sprach dort zu einer Menge braungebrannter Fischer, die begeistert iranische Fähnchen schwenkten. Die Visite blieb nicht ohne Folgen. Es sei „eine Verletzung der Souveränität der Vereinigten Arabischen Emirate“, erklärte Außenminister Abdullah Bin Sajid al-Nahajan. Saudi-Arabien, der mächtige Nachbar des kleinen Emirats, nannte die Geste eine „Rückschlag für eine friedliche Lösung“ des Gebietsstreits. Iran erklärte trocken, der Insel-Trip von Ahmadinedschad sei eine „interne Angelegenheit“.
Der Insel-Streit heizt die politische Spannungen im Persischen Golf weiter auf: Iran versucht im Windschatten des Arabischen Frühlings, seinen Einfluss in der Region auszubauen. Die arabischen Golfländer schrauben ihre Militärausgaben hoch: Saudi-Arabien und die Emirate haben Aufträge für neue Flugzeuge, Panzer und anderes Kriegsgerät in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar unterschrieben. Amerika stationierte jüngst hochmoderne F22-Tarnkappenbomber auf der Al-Dhafra-Militärbasis in den Emiraten. Das Pentagon sprach von einem „ganz normalen Einsatz“. Irans Verteidigungsminister Ahmad Vahidi nannte die Stationierung „sinnlos“.
Scheich Sultan Bin Mohammed al-Qasimi aus dem Emirat versprach seinen Landsleuten prompt, ein Schiff zu bestellen, das zwischen den Inseln und den Emiraten verkehren soll. Emiratis hatten sich beschwert, dass es keine Möglichkeit gebe, nach Abu Musa zu gelangen.
Zudem ist der Konflikt auch Anlass für einen Namensstreit. Der Golf auf Google-Landkarten namenlos – sehr zum Ärger der Iraner. Iran behauptet, Google habe die Bezeichnung „Persischer Golf“ kürzlich aufgegeben. Google hingegen erklärt, es habe stets die neutrale Namenlosigkeit gepflegt. Die Golfstaaten sprechen vom „Arabischen Golf“, wenn sie das Meer meinen. Das frühere Persien sieht darin eine Geschichtsklitterung. Der Golfkrieg der Worte geht weiter.
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