Ölmulti Chevron verurteilt: Acht Milliarden Dollar Entschädigung
Auf knapp 7,4 Millionen Hektar Regenwald hat der US-Ölkonzern Chevron Umweltschäden angerichtet, urteilt ein Gericht. Damit gibt es einer Sammelklage von Indigenen Recht.
BUENOS AIRES taz | Der US-amerikanische Ölmulti Chevron Corporation ist in Ecuador zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von knapp acht Milliarden Dollar verurteilt worden. Der vorsitzende Richter am Gerichtshof der Provinz Sucumbíos, Nicolás Zambrano, sah es als erwiesen an, dass das US-Ölunternehmen für zahlreiche Umweltvergehen auf einer Fläche von knapp 7,4 Millionen Hektar Regenwald verantwortlich ist.
Richter Zambrano gab damit der Sammelklage von rund 30.000 betroffenen Menschen statt, darunter zahlreiche Angehörige indigener Völker. Sie hatten Chevron vorgeworfen, in den Jahren von 1970 bis Ende der 1980er den Regenwald in der nördlichen Amazonasprovinz Sucumbíos vor allem durch verunreinigtes Abwasser vergiftet zu haben.
Etwas verschwurbelt begründete Richter Nicolás Zambrano sein Urteil: "Nach der Abwägung aller Berichte nach den Regeln des gesunden Menschenverstandes und den einstimmigen Aussagen der Menschen im Laufe dieses langen Prozesses, kommt man zu der Einsicht, dass es verschiedene Typen von Umweltschäden gibt und solche die Folge davon sind."
Von den 8 Milliarden sollen 5,4 Milliarden Dollar für die Entgiftung der Böden verwandt werden. 1,4 Milliarden sind für die Entschädigung für Gesundheitsschäden bei den Betroffenen vorgesehen. 600 Millionen für die Reinigung von Wasseranlagen, die von der Ölfirma benutzt wurde. 200 Millionen sollen jährlich in den nächsten 20 Jahren für Wiedergutmachungen an der Fauna und Flora eingesetzt werden.
Zudem muss sich Chevron öffentlich etwa in Form von Zeitungsanzeigen für seine entschuldigen. "Das ist als eine symboblische Maßnahme der moralischen Wiedergutmachung zu betrachten," so der Richter. Dennoch, sollte Chevron dem nicht nachkommen, dann verdoppelt sich laut dem Urteilsspruch die Entschädigungssumme prompt auf 16 Milliarden Dollar.
18 Jahre dauernder Rechtsstreit
Mit dem Urteil endet vorläufig ein seit über 18 Jahren andauernder Rechtsstreit. Der Prozess hatte 1993 zunächst mit einer Klage von 76 Betroffenen gegen den US-Ölkonzern Texaco vor einem New Yorker Gericht York begonnen. Von 1972 bis 1990 förderte ein durch Texaco geführtes Konsortium in dem betroffenen Gebiet Öl. 1992 hatte die Firma das Land verlassen.
Texaco wurde im Jahr 2001 von der Chevron Corporation übernommen und im selben Jahr erklärte sich der zuständige New Yorker Richter für nicht zuständig. Daraufhin reichten 2003 zunächst 48 Betroffene eine gemeinsame Klage beim Provinzgericht von Sucumbíos ein.
Guillermo Grefa, Anführer der indigenen Gemeinschaft der Kichwa, zeigte sich zufrieden. "Wir können unseren Nachbarn und den Betroffenen sagen, dass die Gerechtigkeit existiert. Sie können wieder davon träumen sauberes Wasser zu trinken, ohne Ölrückstände, wie wir es bisher trinken mussten."
Mit seinem Urteil blieb Richter Zambrano jedoch weit unter der von den Klägern geforderten Entschädigungssumme von knapp über 27 Milliarden Dollar. Klägeranwalt Pablo Fajardo begrüßte zwar grundsätzlich den Richterspruch, bewertete die Summe jedoch als viel zu gering und schloss eine Berufung gegen das Urteil nicht aus.
Chevron dagegen bezeichnete das Urteil als "nicht rechtmäßig und nicht vollstreckbar". Man habe in Ecuador nie eine Chance auf einen fairen Prozess gehabt. Nach Auffassung der Ölfirma sei die ganze Angelegenheit durch eine 40 Millionen Dollar teure Säuberungsaktion von Texaco bereits im Jahr 1998 erledigt. Sie schiebt den schwarzen Peter der staatlichen Petroecoador zu, dem damaligen Partner.
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