Ölkatastrophe im Atlantik: BP verspricht hohe Entschädigungen
Vor dem US-Senat beschuldigen sich die mutmaßlichen Verursacher der Ölpest im Golf von Mexiko gegenseitig. BP verspricht umfangreichen Schadensersatz.
NEW ORLEANS/WASHINGTON dpa/rtr/taz | Drei Wochen nach der Ölpest im Golf von Mexiko ist nun die Debatte über Schuld und Schadensersatz entbrannt. In Anhörungen vor dem US-Senat machten sich am Dienstag Manager der drei an den Arbeiten auf der Ölplattform beteiligten Unternehmen - BP, Transocean und Halliburton - gegenseitig für den verheerenden Unfall verantwortlich. Auch in New Orleans begann die Aufarbeitung des Unfalls in Anhörungen vor der Küstenwache und der Rohstoffbehörde.
Zum Beginn der Anhörung vor dem dem Energie- und Umweltausschuss des Senats verglich der demokratische Vorsitzende Jeff Bingamann die Katastrophe mit dem Untergang der "Titanic", der Kernschmelze im Atomkraftwerk Three Mile Island und der Explosion der Raumfähre "Challenger". Er sprach von einer "Kaskade von Fehlern".
Der amerikanische BP-Chef Lamar McKay erklärte vor dem Ausschuss, Transocean als Eigner der Bohrinsel "Deepwater Horizont" sei verantwortlich für die Ölpest. Transocean-Chef Stephen Newman beschuldigte hingegen BP, da das Unternehmen "das alleinige Sagen" auf der von Transocean geleasten Bohrplattform gehabt habe. Der republikanische Senator John Barrosso kritisierte die gegenseitigen Schuldzuweisungen: "Beim Lesen der schriftlichen Stellungnahmen für die heutige Anhörung höre ich eine Botschaft heraus, und die lautet: 'Geben Sie nicht mir die Schuld'."
McKay beteuerte jedoch, BP werde allen "legitimen" Schadensersatz-Forderungen nachkommen - obwohl er davon ausgehe, dass diese die nach US-Recht geltende Haftungsgrenze von 75 Millionen US-Dollar überschreiten werden. "Wir haben die Absicht, fair und ansprechbar zu sein und rasch zu handeln", sagte der Manager im US-Senat. Er ließ jedoch offen, welche Ansprüche der britische Ölkonzern dabei genau im Sinn hat. Auf Nachfragen der Senatoren zu Umweltfolgen ergänzte er: "Ich kann Spätfolgen nicht quantifizieren, und ich kann über sie nicht spekulieren."
Neben der Anhörung im Senatsausschuss begann auch in New Orleans im Bundesstaat Louisiana eine Prüfung zum Untergang der BP-Bohrinsel. Einer der Ausschuss-Vorsitzenden, ein Kapitän der US-Küstenwache, versprach zu Beginn der Anhörungen eine intensive Aufarbeitung des Geschehens. Man werde sich "jedes auffindbare Beweisstückchen" genau anschauen, um herauszufinden, was zu der Ölkatastrophe und dem Tod von elf Menschen geführt habe. Zunächst wurden Zeugen von der Küstenwache befragt, die am Rettungseinsatz nach der Explosion am 20. April beteiligt waren.
Experten rechnen damit, dass die wirtschaftlichen Schäden unter anderem für Fischer, das Tourismusgewerbe und Privatleute auf lange Sicht mehrere Milliarden Euro betragen könnten. Bisher hat der Konzern nach eigenen Angaben rund 350 Millionen Dollar (etwa 275 Millionen Euro) ausgegeben, um von der Ölpest verursachte Schäden zu bewältigen. Darin enthalten seien unter anderem Kosten für die Eindämmung des Öls, für Entlastungsbohrungen und die Hilfe für die US-Küstenstaaten.
Als Konsequenz aus dem Ölunfall plant die US-Regierung, die US-Rohstoffbehörde MMS in zwei eigenständige Behörden aufzuteilen. Damit werde die Situation beendet, dass eine Behörde auf der einen Seite die Ölfirmen kontrollieren und auf der anderen Seite staatliche Gebühren von ihnen einsammeln müsse, begründete US-Innenminister Ken Salazar die Pläne. Die Anhörungen im Senat könnten auch zu strengeren Gesetze führen. Senatoren aus Bundesstaaten mit einer größeren Ölproduktion warnten jedoch davor, die Förderung von Öl auf Bohrinseln zu stoppen.
BP ist der Betreiber der Bohrinsel "Deepwater Horizon", die vor drei Wochen nach einer Explosion versunken ist. Seitdem sprudeln täglich mindestens 700 Tonnen Rohöl ins Meer. Es herrscht weiter Ratlosigkeit, wie das nach wie vor sprudelnde Öl-Leck in 1500 Meter Tiefe möglichst schnell zu schließen ist. Als nächsten Schritt will BP versuchen, eine kleine Stahlkuppel über das Haupt-Leck zu stülpen. Das soll bis zum Wochenende geschehen. Ein erster Anlauf mit einer großen Stahlglocke war gescheitert.
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