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■ ÖkolumneTaten, bitte! Von S. Müller-Kraenner

Bundeskanzler Kohl muß außenpolitisch punkten, um von innenpolitischen Schwächen abzulenken. Umweltministerin Merkel kann sich zu Hause nicht durchsetzen und will deshalb international als die Einäugige zwischen Blinden glänzen. Beide zehren seit langem vom verblassenden Ruf Deutschlands, umweltpolitischer Vorreiter zu sein.

Merkel und Kohl waren zum UN-Umweltgipfel nach New York gefahren, um ihr angekratztes Öko- Image aufzupolieren. Doch um die dünnen Vorschläge des Kanzlers und seiner Ministerin vor der UN-Kulisse am East River mediengerecht aufzumotzen, hätte es ausgereicht, die Presseabteilung des Umweltministeriums nach New York zu schicken.

Umweltministerin Merkel darf deshalb zwar vom Ausgang des zweiten Erdgipfels enttäuscht sein, beklagen darf sie sich aber nicht. Die deutsche Umweltdiplomatie lebt von der Nostalgie. Auf dem Erdgipfel von Rio hatte der Kanzler das Ziel verkündet, den deutschen CO2-Ausstoß um 25 Prozent zu reduzieren. Auf dem Berliner Klimagipfel vor zwei Jahren hatte Kohl sein Versprechen noch einmal bekräftigt.

Wer zweimal mit derselben Masche Erfolg gehabt hat, versucht es ein drittes Mal. Auch New York sollte den Kanzler international als Vorreiter und fürs heimische Fernsehpublikum als geachteten Staatsmann präsentieren. Eine neue globale Umweltinitiative sollte es sein, mit der der Kanzler sich wieder als der einzige unter den westlichen Staatschefs präsentieren wollte, bei dem das Herz auf dem grüen Fleck schlägt.

Und hier begann das Problem der Marketingstrategen im Kanzleramt: Mit welchem Produkt aus dem Bauchladen deutscher Umweltdiplomatie haben wir auf dem Markt überhaupt noch Chancen, positiv aufzufallen? Eine erneute Bekräftigung der 25-Prozent- Forderung wäre unglaubwürdig gewesen. Erstmals seit Rio stiegen 1996 die gesamtdeutschen CO2-Emissionen wieder an. Das hat sich auch international herumgesprochen. Den klimapolitischen Vorreiter nimmt Kohl keiner mehr ab.

Schon in Rio hatte der Kanzler den Schutz des Waldes, vor allem des tropischen Regenwaldes, als seine Herzensangelegenheit entdeckt. Die Verabschiedung einer Waldkonvention scheiterte damals am Konflikt zwischen Nord und Süd, um Schutz oder Nutzung der Wälder. In New York unternahmen Kohl und Merkel einen neuen Anlauf. Sie wollten sicher keine Kettensägenkonvention. Statt dessen hatte sich die Bundesregierung auf Grundprinzipien eines gerechten Ausgleichs zwischen Schutz und Nutzung der Naturgüter festgelegt.

Aber gerade die spannende Frage, wie nun eigentlich dieser Ausgleich von Schutz und Nutzungsfunktion hätte aussehen sollen, wurde in New York auch von der Bundesregierung nicht beantwortet. Es bleibt deshalb der Verdacht, daß es sich bei dem Einsatz von Kohl und Merkel für den Wald um medienwirksamen Aktionismus handelt, der von den anderen Schwächen der deutschen Umwelt- und Entwicklungspolitik ablenken soll. Weil auch das Scheitern der Waldkonvention schon vor dem New Yorker Gipfel abzusehen war, wollte die Bundesregierung schließlich wenigstens bei der Reform der Vereinten Nationen ihre Handschrift hinterlassen. Wie aus dem Zauberhut tauchte zu Beginn des Gipfels der Vorschlag des Bundeskanzlers auf, eine neue Weltumweltorganisation einzurichten. Ähnlich wie mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welthandelsorganisation WTO sollen damit die zersplitterten umweltpolitischen Zuständigkeiten innerhalb der UNO gebündelt werden.

Der New Yorker Vorstoß des Kanzlers klingt gut. Aber wie ernst ist er gemeint? Die Partner in der Europäischen Union waren nicht einmal vorher konsultiert worden. Unklar sind nach dem Vorschlag Zuständigkeiten, Kompetenzen und die Finanzierung der neuen Behörde. Das Verhältnis zu bestehenden Einrichtungen wie dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Kommission für nachhaltige Entwicklung wird nicht näher beschrieben. Und die Entwicklungspolitik, die die andere Hälfte des Rio-Prozesses ausmacht, taucht beim Kanzler nicht mehr auf. Noch ist diese Idee sicher zu neu, um zerredet zu werden. Doch die deutsche Umweltdiplomatie muß daran gemessen werden, ob den Worten nun Taten folgen.

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