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■ ÖkolumneTod fürs Recycling Von Olaf Bandt

Kunststoff hierhin, Tetra Pak dorthin, Aluminium in dieses Eck, Weißblech in jenes und für den Rest die dreifachgefilterte Müllverbrennungsanlage – wir haben uns gerade daran gewöhnt. Und nun will der Lahn-Dill-Kreis die ganze grüngepunktete Trenn-, Sammel- und Filterwut der Deutschen so gut wie überflüssig machen. Das Experiment, das derzeit unter dem Stichwort „Trockenstabilatverfahren“ federführend von Landrat Karl Ihmels und der Herhof-Verwaltungsgesellschaft vorangetrieben wird, verspricht „konstruktiven Umweltschutz“, das Ende des gelben Sackes und der aufwendigen und teuren Müllverbrennungsanlagen. Damit lassen sich auch viele Ökologen zum letzten Gefecht gegen das verhaßte Duale System (DSD) zusammenrufen.

Mittlerweile zeichnet sich ab: Vor allem Kräfte aus dem Handel wollen mit dem neuen Verfahren der Recycling-Pflicht den Garaus machen. Und die Novelle der Verpackungsverordnung, deren Verabschiedung am 8. Mai erneut auf der Tagesordnung des Bundesrates steht, würde in der vorliegenden Form die „Beihilfe zum Mord“ leisten. Denn sie würde die „energetische Verwertung“, die in der bisherigen Verpackungsverordnung nicht vorgesehen war, salonfähig machen. Wenn die Novelle umgesetzt wird, könnten in Zukunft 76 Prozent der vom Dualen System gesammelten Kunststoffverpackungen postwendend in Zementwerken, Ziegeleien oder Kraftwerken verbrannt werden. Ein riesiges Schlupfloch entstünde. Die Abfallskandale der vergangenen Jahre würden zum öffentlich geförderten Normalzustand.

Insofern ist das Experiment im Lahn-Dill-Kreis nur konsequent: Milliarden von Verpackungen würden in Zukunft von den VerbraucherInnen gesammelt, gespült und sortiert – und landeten dann doch trotz grünen Punkts im Ofen. Wozu die ganze Mühe der Mülltrennung, wenn dann sowieso nicht recycelt, sondern „energetisch verwertet“ wird? fragen sich die Müll- Lenker im Lahn-Dill-Kreis. Statt eines gelben Sacks gibt es nun einen blauen: Da hinein kommen nur noch Papier und Getränkekartons. Altglas landet im Container, der restliche Verpackungsmüll kommt in die Tonne. Der Abfall wird dann getrocknet, weitgehend von Metallen und Mineralstoffen befreit und schließlich verbrannt, zum Beispiel in Zementwerken. Ernst Ulrich von Weizsäcker bejubelt das Trockenstabilatverfahren als „Innovation“ und „elegante Lösung“. Tatsächlich aber wird damit der Weg zurück in die Abfallpolitik der sechziger Jahre beschritten. Wie beim billigen Jakob wird unter dem Deckmäntelchen der Verbindung von Ökologie und Ökonomie mit Dumpingpreisen ein Müll-Discounter eröffnet, mit dem die Abfall-Verkokelung wieder zur Regel werden soll.

Eine Studie des Öko-Instituts Darmstadt belegt: Die Verbrennung der getrockneten Abfälle bringt „große Umweltrisiken und Gesundheitsgefahren“. Mehr als die 150fache Menge krebserregender Schwermetalle wie bei anderen Verfahren gelangen in die Umwelt. „Selbst bei der vollständigen Verbrennung des Trockenstabilats in der im Lahn-Dill-Kreis vorgesehenen speziellen Verbrennungsanlage“, so die Studie, „wäre mit einer mehr als zehnfach erhöhten Freisetzung langlebiger krebserregender Stoffe zu rechnen.“

Das Duale System, wie es momentan existiert, vermeidet Abfall sicherlich nur unzulänglich. Insofern unterstützt der BUND vom Grundsatz her eine Novellierung der Verpackungsordnung. Allerdings darf sie kein Rückschritt in die Abfallverbrennung sein, wie es beim vorliegenden Entwurf unweigerlich der Fall wäre. Vielmehr muß eine Novelle die Ökologisierung des DSD zur Folge haben. An die Auswahl der Recyclingwege wäre die Meßlatte der ökologischen Kriterien Energieeffizienz, Rohstoffeinsparung und Schadstoffverringerung anzulegen. Außerdem müßten effektiv Trittbrettfahrer bekämpft werden, die die Strukturen des DSD nutzen, ohne zu zahlen.

Die Verpackungsnovelle sollte eigentlich eine Abfall-Hierarchie begründen, die von Vermeiden als erste Wahl über Wiederverwenden zum stofflichen Verwerten reichen sollte. Doch das Schlupfloch für energetische Verwertung, sprich: Verbrennung, stellt dieses Ziel auf den Kopf. Man kann nur hoffen, daß die Verbrennungs-Fans im Bundesrat scheitern.

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