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Ökologische Briefe

■ betr.: " 'Öko-Test feuert eigenen Herausgeber", taz vom 18.4.90

„'Öko-Test‘ feuert eigenen Herausgeber“, taz vom 18.4.90

(v. Klaus Peter Klingelschmitt)

Wir, MitarbeiterInnen des Verlags der Ökologischen Briefe in Frankfurt, sind erbost über den Stil des oben genannten taz -Artikels, mit dem unsere Rolle und Position in der Auseinandersetzung um das Projekt Ökologische Briefe dargestellt wird.

„Naturgemäß“ hätten die MitarbeiterInnen eine andere Haltung und teilten deshalb den „Optimismus ihres Verlegers“ soll wohl heißen: „Wes‘ Brot ich eß‘, des‘ Lied ich sing'“? Mag sein, daß es in der Erfahrungswelt des Autors keine gegenteiligen Beispiele gibt und das kurze Gespräch mit einer unserer KollegInnen nicht ausgereicht hat, sich einen realitätsgerechten Überblick zu verschaffen. Wir reichen deshalb an dieser Stelle ein paar Fakten nach, sozusagen zur Abrundung des Bildes für die LeserInnen der taz.

1. Angesichts des finanziellen Engpasses und in der Diskussion um die Zukunft des Projekts forderte die Belegschaft eindeutig fixierte Einflußmöglichkeiten auf die verlegerischen Entscheidungen. Dies war die Vorbedingung für den von uns vorgeschlagenen - zeitlich befristeten Verzicht auf einen Teil des Tariflohns und auf das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Ziel war und ist, alle drei Standbeine der Ökologischen Briefe (ein Basisdienst - zwei Spezialdienste) aufrechterhalten zu können. Alle KollegInnen hatten die Möglichkeit, dem individuell zuzustimmen, oder auch nicht. Wenn sie zustimmten, so taten sie es freiwillig und nicht „freiwillig“. (Übrigens wurde auch das Gehalt des Verlegers auf denselben Betrag reduziert.)

2. Gleichzeitig gründeten die MitarbeiterInnen - als ersten Schritt der Mitbestimmung - einen Wirtschaftsausschuß, dessen Aufgabe es ist, die Mitsprache der Belegschaft bei Entscheidungen des Herausgebers sicherzustellen. Jürgen Räuschel-Schulte sagte zu, den Ausschuß bei allen wichtigen Fragen (insbesondere finanzieller Art) in die Entscheidungen einzubeziehen. Er wird beim Wort genommen.

3. Anfang März wurde die Wahl einer/s Betriebsobfrau/manns eingeleitet. Parallel dazu verabschiedete die Belegschaft in Zusammenarbeit mit der IG Medien ein Mitbestimmungsmodell, das weit über die im Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsräte vorgesehene Mitbestimmungsmöglichkeiten hinausreicht. Die Chancen einer Einigung darüber mit dem Verleger stehen sehr gut.

Wir sind uns darüber im klaren, daß all unsere Bemühungen nur dann von Erfolg gekrönt sein werden, wenn jetzt eine kluge Werbe- und Geschäftsstrategie betrieben wird. Damit dies passiert, bringen wir Beschäftigte unsere Erfahrungen und unseren Sachverstand in das Unternehmen Ökologische Briefe ein.

Stolpersteine erwarten wir in diesem Prozeß von allen Seiten, nur nicht von der Ökologiebewegung selbst. (bzw. der taz-Berichterstat-tung - d.s.in)

Edgar Gärtner, Wolfgang Hien, Hartmut Kern, Heike Leitschuh -Fecht, Klaus Pickshaus, Ulrike Springer, Dr. Karin Westermann, Marianne Wollenweber

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