Ökologisch und ökonomisch unsinnig: Elbe-Ausbau ist zu teuer
Der Ausbau der Elbe ist ökologisch und ökonomisch unsinnig, vor allem im Bereich von Sachsen bis Geesthacht. Jetzt fordern Experten einen Bagger-Stopp für die mittlere Elbe.
BERLIN taz | Die Planungen für den Elbe-Ausbau für die Binnenschifffahrt sind überdimensioniert. Das besagt eine Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin, die am Montag vorgestellt wurde.
Die Planungen beruhen auf dem Bundesverkehrswegeplan von 1992 und sehen eine Wassertiefe von 1,60 Metern vor. Dies ist ein Mindestwert für die Schiffbarkeit des Gewässers.
Besonders im Bereich der mittleren Elbe von Riesa in Sachsen bis Geesthacht östlich von Hamburg hält das IÖW diesen Ausbau für unnötig, denn in Sachsen und Sachsen-Anhalt würden nicht einmal 2 Prozent der transportierten Güter verschifft.
Grund dafür ist die Unternehmensstruktur in den beiden Ländern. "Die kleinen und mittleren Unternehmen in der Region setzen vor allem auf den flexibleren Straßentransport", sagt Ulrich Petschow vom IÖW. Anders als am Rhein sei die Industrie an der mittleren Elbe nicht auf den Massenguttransport per Schiff angewiesen.
Auch die Umweltbilanz des Wassertransports falle negativ aus, sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND): Natürliche Flussauen würden nicht mehr regelmäßig überflutet, ältere Bäume könnten sich darauf nicht einstellen und stürben ab. Der Verlust dieser Biotope sei besonders tragisch, denn die Auwälder gelten als der tropische Regenwald Deutschlands. Hier leben besonders viele zum Teil hochgefährdete Tier und Pflanzenarten.
Und auch die Klimabilanz der Elbkähne sei schlecht: Durch den gewundenen Flusslauf müsse ein Schiff deutlich längere Strecken zurücklegen als die Bahn und stoße dadurch mehr CO2 aus, kritisiert Weiger. Der Klimawandel würden den Ausbau zudem erschweren: Weil im Einzugsgebiet der Elbe immer weniger Niederschläge fallen, fällt der Pegel. Die Bagger müssten also immer tiefer graben.
Aufgrund der ökonomischen und ökologischen Nachteile fordert Weiger, den Ausbau der mittleren Elbe zu stoppen - und die Verwaltung umzustrukturieren. Die zuständige Bundeswasserstraßenverwaltung leide nämlich unter dem Konstruktionsfehler, nur für die Verbesserung der Infrastruktur zuständig zu sein. So könne sie das schwarz-gelbe Bekenntnis zum ökologischen Wert natürlicher Flussläufe nicht umsetzen, dass der Koalitionsvertrag enthalte, so Petschow. "Künftig muss sie ihren Sachverstand und ihre Mittel für den ökologischen Hochwasserschutz und Renaturierungsmaßnahmen einsetzen können", sagt Weiger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag