: Ökologie der Kommunikation
■ Neues Institut will Datensammlung der Post bekämpfen / Die will Telefongespräche 80 Tage lang speichern / Bislang noch keine gesetzliche Grundlage
„Nach der Volkszählung nun die permanente Kommunikationszählung?“ - diese Sorge machen sich MitarbeiterInnen im Fachbereich Mathematik / Informatik. Sie haben deshalb ein „Institut für Informations- und Kommunikationsökologie“ (IKÖ) gegründet. Vor allem mit der Digitalisierung und Computerisierung der Ortsvermittlungsstellen im Telefonverkehr (auch ISDN genannt) werden bei der Post immense Daten anfallen, da jedes Gespräch mit genauer Uhrzeit und den Nummern von Anrufer und Angerufenem 80 Tage lang gespei
chert werden soll.
Auf Antrag werden diese Daten an die TelefonbesitzerInnen herausgegeben. „Damit können Ehemänner ihre Frauen, Eltern ihre Kinder und Wohngemeinschaftsmitglieder sich gegenseitig kontrollieren“, sehen die Mitglieder des IKÖ voraus. Ab 1990/91 wird dann gar automatisch die Telefonnummer des Anrufers auf dem Apparat des Angerufenen sichtbar - eine anonyme telefonische Beratung bei der Telefonseelsorge oder der Aids-Beratungsstelle ist dann nicht mehr möglich.
Begründet werden die Datensammlungen von der Post mit einer entsprechend großen Nachfrage. Dagegen möchte das IKÖ nun auch diejenigen mobilisieren, die kein Interesse an der Datensammelei haben. Sie werden aufgerufen, in Briefen an den Postminister gegen diese Entwicklung zu protestieren und um Auskunft über die bereits heute gespeicherten persönlichen Daten zu bitten.
Die Informationsökologen wollen sich - genauso wie ihre Kollegen im Bereich des Naturschutzes - um die Abschätzung
gesellschaftlicher Folgen bei der Einführung neuer Technologien kümmern. „Schon jetzt sind unmittelbare Beeinträchtigungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung offensichtlich“, meinen sie. Schließlich ist die Grundlage der Datensammlung im Telefonwesen eine Verordnung, die sich die Post selber gegeben hat. Eine gesetzliche Grundlage existiert dafür nicht.
Ase
Auskunft bei IKÖ, z.Hd. Herbert Kubicek, Uni Bremen, FB Mathematik/Informatik, Bibliothekstr., 28 Bremen 33
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen