ÖkoRegio: Brandenburgs erste Bio-Dieselanlage
■ Hiesige Biobauern könnten Raps liefern
Ein Grund- und zugleich ein Meilenstein auf dem dornenreichen Weg in eine märkische Öko-Region wurde dieser Tage in Wittenberge, Kreis Prignitz, gesetzt. In der Elbestadt wächst bis Herbst 1998 mit tatkräftiger Unterstützung von Wirtschaft-, Agrar- und Umweltministerium Brandenburgs erste Bio-Dieselanlage auf Rapsölbasis. Investor für das zweistellige Millionenprojekt ist eine private Bio-Diesel-GmbH.
Tankstellen gibt es noch nicht genügend
Derzeit bieten bundesweit über 700 Tankstellen diesen umweltfreundlichen Kraftstoff an. Die Region Berlin-Brandenburg hat mit gerade Mal 17 Zapfstellen einen erheblichen Nachholbedarf. Dabei vereint das natürliche Schwerölgemisch beinahe alle denkbaren Vorteile auf sich. Die Freigabe von Auto- Herstellern wie Audi, VW, Mercedes, MAN oder Volvo für ihre High-Tech-Motoren spricht für sich. Alle Versuche zeigen, daß sich Bio-Diesel problemlos einsetzen läßt: Sei es im Lkw, Pkw, Traktor oder gar in einer Luxusjacht. Das Potsdamer Agrarministerium ließ so als Test im Forstamt Doberlug- Kirchhain Arbeitsmaschinen und Fuhrpark allein mit diesem neuartigen Kraftstoff laufen. Bilanz: bestens für den Dauerbetrieb geeignet. Deshalb sollte das veredelte Rapsöl auf Brandenburger Sicht vor allem in so umweltsensiblen Bereichen wie Trinkwasserschutzgebieten, auf den märkischen Seen und Flüssen, aber auch im öffentlichen Nahverkehr zum Einsatz kommen.
Zu den guten Eigenschaften gehört: Bio-Diesel ist biologisch schnell und ohne Rückstände abbaubar. Er ist klimaschonend, da er keinen Schwefel enthält, der den sauren Regen verursacht, und er gibt nur soviel Kohlendioxid in die Atmosphäre ab, wie zuvor beim Pflanzenwachstum über die Photosynthese assimiliert wird. Schließlich hat der Kraftstoff auch noch funktional zwei entscheidende Vorteile: Er verfügt über eine hohe Schmierfähigkeit, was den Motorverschleiß minimiert. Er ist zu alledem auch noch kostengünstiger als vergleichbares Mineralöl.
In Wittenberge werden ab dem Herbst neben der Kraftstoffproduktion weitere Pflanzenöle und Pflanzenester destilliert und synthetisiert. Diese Rapsmethylester sind von der Chemieindustrie, beispielsweise von der benachbarten Prignitz- Chemie GmbH, begehrt. Zu Tensiden für die Waschmittel- und Kosmetikindustrie lassen sich etwa die Substanzen weiterveredeln.
30.000 Hektar Raps werden angebaut
Beachtlich sind die Vorteile für die märkische ökologische Landwirtschaft, insbesondere was deren aufstrebenden Zweig, die Produktion sogenannter „nachwachsender Rohstoffe“ für die Industrie, betrifft. Kommt Wittenberges neue Bio- Diesel-„Destille“ in wenigen Monaten zum Laufen, verarbeiten dann 25 Frauen und Männer Raps, der mit Schwerpunkt Prignitz brandenburgweit auf immerhin 30.000 Hektar wächst. Noch günstiger stellt sich die Perspektive dar. Denn geht wenig später auch noch die Rapsmethylester-Anlage in Betrieb, gestattet das Brandenburgs (Bio-)Bauern den Anbau nachwachsender Rohstoffe als Produktionsalternative mittelfristig von derzeit 49.000 auf über 80.000 Hektar kräftig zu steigern. Klaus Bruske
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