Öko-Sponsoring für das Firmenimage

Industrie läßt sich Umweltprojekte etwas kosten/ Umweltverbände nutzen sprudelnde Geldquellen  ■ Von Bernd Kleinhans

Grün-Sein ist in — auch in der Industrie. Das Öko-Sponsoring gewinnt daher im Werbeetat großer Konzerne ständig an Bedeutung. Mit teilweise sechsstelligen Beträgen bezuschussen Automobilkonzerne und Handelsketten Naturschutzprojekte und Umweltorganisationen. Für industrielle Großspenden lassen sich immer mehr Umweltverbände, darunter auch politisch profilierte wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), in die Werbekampagnen der Firmen einplanen.

Stilles Mäzenatentum ist nicht die Art der Konzernherren; kaum ein großes Industrieunternehmen verzichtet darauf, lautstark mit seinen Spenden für Naturschutzprojekte zu werben: Großbrauereien wie Alpirsbacher und Holsten unterstützen den Schutz von Storch und Biber, American-Express-Projekte den Erhalt des tropischen Regenwaldes, und der Autokonzern Daimler-Benz engagiert sich wie die Lufthansa gleich für eine Reihe von europäisch bedeutenden Naturreservaten in Frankreich und Griechenland. „Wenn Sie bei Ihrem nächsten Flug wieder auf Lufthansa-Qualität bestehen“, heißt es in einer Anzeige, „unterstützen Sie zugleich etwas, das unsere Unterstützung so dringend braucht: unsere Umwelt.“

In den Vorstandsetagen sieht man inzwischen im Nachweis umweltpolitischen Engagements eine wichtige Imagefrage, von der auf lange Sicht auch Marketingerfolge abhängen können. Die Firmen setzen auf Öko- Sponsoring, bei dem von den geförderten Naturschutzorganisationen als Gegenleistung eine Unterstützung der jeweiligen Werbekampagne verlangt wird. „Das Wesen des Sponsoring besteht darin, daß der Sponsor das Ziel der eigenen Selbstdarstellung verfolgt und dies in der Regel auch vom Empfänger der Gelder verlangt“, formuliert Peter Horst vom industrienahen Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewußtes Management (BAUM) das Anliegen der Konzerne. So stellt die Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF) — Schrittmacher dieser Art Kooperation zwischen Naturschutz und Industrie — ihren Sponsoren, darunter dem Autokonzern Opel, das imageträchtige Verbandsignet, den schwarzweißen Panda, zur Verfügung. Und die Stiftung Europäisches Naturerbe, die von der Lufthansa in den letzten Jahren mit rund einer halben Million Mark gesponsert wurde, ließ im offiziellen Kampagnenbuch „Natur ohne Grenzen“ den Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens, Heinz Ruhnau, gleich das Vorwort verfassen. Kritik an den ökologischen Folgen des internationalen Flugverkehrs findet sich im 250 Seiten starken Buch dagegen nicht.

Ein Panda für Opel

Tatsächlich verspricht der beständig wachsende Anteil von Sponsoringausgaben im Werbeetat der Unternehmen den Naturschützern lukrative Einnahmen. Bereits Mitte der achtziger Jahre wurden nach seiner Schätzung von der bundesdeutschen Industrie rund 460 Millionen Mark jährlich für Sponsoring ausgegeben. Exakte Statistiken gibt es nicht, aber das Volumen dürfte sich inzwischen mehr als verdoppelt haben — bei wachsenden Anteilen für soziales und ökologisches Sponsoring.

Im Konkurrenzkampf um die Großspenden aus der Industrie lassen sich auch als besonders kritisch geltende Umweltverbände wie der BUND in die Werbestrategien der Konzerne einplanen. So gibt es bereits seit vier Jahren eine Kooperation zwischen BUND, einigen anderen Umweltorganisationen und dem US-Automobilkonzern Ford: Mit einem Umsatz von 82,9 Milliarden Dollar weltweit zweitgrößter Autokonzern und nach Angaben des Friedensforschungsinstituts SIPRI einer der größten Rüstungsproduzenten, finanziert Ford im Rahmen dieser Kooperation den „Europäischen Umweltpreis“, der werbewirksam an „vorbildliche“ — meist unpolitische, lokale — Initiativen für den Natur- und Umweltschutz vergeben wird. Sprecherin der Jury ist Angelika Zahrnt, zugleich Mitglied des Bundesvorstands des BUND. Gleichzeitig wird eine von der Ford AG, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit herausgegebene und mit dem Ford- Emblem gekennzeichnete Broschüre mit dem bezeichnenden Titel „Umweltarbeit mit Wirkung“ über die kooperierenden Naturschutzverbände, unter anderem auch über den BUND, vertrieben. Autor der Ford-Broschüre ist Herwig Klemp, vormals Leiter der BUND-Kampagne „Mehr Natur in Dorf und Stadt“.

Umfangreiche Kooperationen hat der BUND mit einer ganzen Reihe von Firmen geschlossen. So wurden mit der Handelskette Hertie (Jahresumsatz 6,8 Milliarden Mark) gemeinsame Aktionen wie „Garten ohne Gift“, Infostände des BUND in den Warenhäusern und gemeinsame Pressekonferenzen vereinbart. So hat der BUND einen zwölfseitigen „Einkaufsführer für Hertie-Warenhäuser“ mit einigen Umwelttips erstellt. Das Heftchen, auf dem werbewirksam das grünschwarze BUND- Signet prangt, liegt in den mehr als 300 Hertie-Filialen aus. Verbandsinterne Kritiker wie Werner Meyer vom Regionalverband Ost-Württemberg sehen darin eine Trendwende, die die „Unabhängigkeit und Reputation des BUND auf Dauer“ schädige: Während der BUND programmatisch für dezentrale Strukturen im lokalen Einzelhandel eintrete, scheue er sich nicht, mit Hertie einen Handelsriesen publizistisch zu unterstützen, der bislang wesentlich zur Verdrängung der lokalen Tante- Emma-Läden beiträgt. Die Gesamtsumme der Einnahmen und Spenden, die der BUND aus dieser Kooperation erzielt hat, übersteigt inzwischen 300.000 Mark.

Widersprüchlichkeiten gibt es auch in anderen Fällen: Während der BUND im Jahr 1990 in einer Pressemitteilung mit Hinweis auf Walfang und Tropenwaldzerstörung die Bundesbürger zum generellen Boykott aller japanischen Produkte aufrief, schloß er nahezu zeitgleich mit der japanischen Firma Nikon, einer Tochter von Mitsubishi, eine Sponsoring-Vereinbarung ab. Und die Deutsche Umwelthilfe, von BUND und Naturschutzbund eigens zum Zwecke des Spendensammelns gegründet, kassierte für ein Bodenseeschutzprojekt ausgerechnet vom Waschmittelkonzern Lever 1,3 Millionen Mark. Für Lever ein gutes Geschäft: Der Hinweis auf das Sponsoring wird zur Vermarktung des Waschmittels „Skip“ benutzt.

Inzwischen hat bei den Umweltverbänden allerdings die Diskussion um das Für und Wider von Öko- Sponsoring eingesetzt. Während Organisationen wie der WWF oder der Naturschutzbund Deutschland, vormals Deutscher Bund für Vogelschutz, darin eine willkommene Gelegenheit sehen, die chronisch leeren Kassen zu füllen, hat sich Greenpeace grundsätzlich gegen Öko- Sponsoring ausgesprochen: Spenden ja, heißt es dort, aber kein Sponsoring, das die Naturschützer gegenüber der Industrie zu Gegenleistungen verpflichte und damit die eigene Unabhängigkeit gefährde.

Traum vom Mitsprache- recht im Konzern

Besonders hart prallen die Gegensätze beim BUND aufeinander. Befürworter wie Andreas Fußer, im BUND zuständig für „Wirtschaftskontakte“ und Mitinitiator des Hertie-Geschäfts, sehen im Öko-Sponsoring die Chance, sich vom Ruf „romantischer Naturschwärmer“ zu befreien und aktiv auf die Unternehmenspolitik Einfluß zu nehmen. Ihm pflichtet Jürgen Resch, Präsident der Stiftung Europäisches Naturerbe, bei. Er glaubt, die Unternehmenspolitik „hin zu schonenden und sanften Technologien“ fördern zu können.

Gegner des Öko-Sponsorings halten dies für einen Irrglauben. Sponsoring gefährde lediglich die Unabhängigkeit des Verbandes und schädige auf Dauer seinen Ruf als kritischer Mahner in der Öffentlichkeit. Der baden-württembergische BUND-Landesvorstand Reiner Bischoff befürchtet: „Mit dem Sponsoring zieht die Unehrlichkeit in unseren Verband ein!“

Mit ihren Anträgen, Öko-Sponsoring beim BUND generell zu untersagen, konnten sich die Landesverbände Berlin und Baden-Württemberg auf der Bundesdelegiertenkonferenz des BUND im Frühjahr in Leipzig noch nicht durchsetzen, aber Werner Meyer ist zuversichtlich: „Eine wachsende Zahl von BUND- Mitgliedern beginnt zu erkennen, daß die Unabhängigkeit des Verbandes ein höheres Gut ist als kurzfristig hohe Geldzuwendungen.“