Kommentar: ÖTV pressescheu
■ Senat berichtet auch für Gewerkschaft
Eine erstaunliche Szene bot sich den versammelten Journalisten gestern mittag: Da saß der Staatsrat Hoffmann aus dem Rathaus ganz allein und wollte die Grundsatzpositionen über den Solidarpakt bekanntgeben, die zu 90 Prozent die Gewerkschaften formuliert hatten. Offenbar legten die Gewerkschaften keinen Wert darauf, ihren Mitgliedern über die Medien ihren Erfolg mitzuteilen. Hoffmann hatte für diese Zurückhaltung keine Erklärung. Man habe keine Friede-Freude-Pfannekuchen demonstrieren wollen mit dem Arbeitgeber-Vertreter, erklärte derweil Jan Kahmann von der ÖTV.
Einen eigenen Termin zur Information der Öffentlichkeit wollen die Gewerkschaften aber auch nicht. Während der Senats-Vertreter das angeblich gemeinsame Beratungsergebnis öffentlich interpretierte, berieten GEW und DAG noch intern, ob das überhaupt das gemeinsame Ergebnis sein könne. Im Hintergrund der gewerkschaftlichen Zurückhaltung steht offenbar die große Unsicherheit darüber, wieviel von der intern angedeuteten Kompromißbereitschaft den Mitgliedern zuzumuten ist. Wenn die Betroffenen im Öffentlichen Dienst in dem „gemeinsamen“ Papier nach dem Passus suchen, in dem ihre Arbeitszeitverkürzung als Gegenleistung gegen den Lohnverzicht festgeschrieben ist, dann wird es erst richtig fröhlich. Die ÖTV will dies offenbar erst abwarten, bevor sie öffentlich darstellt, auf was sie sich eingelassen hat. Klaus Wolschner
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