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ÖTV lehnt Umverteilung ab

■ Warnstreiks ab Montag: ÖTV will mehr Gehalt im öffentlichen Dienst auch für Besserverdienende. Umverteilung für Gewerkschaft bei Tarifrunde kein Thema

Eine sozial gerechtere Verteilung von Gehaltskürzungen ist bei der diesjährigen Tarifrunde im öffentlichen Dienst „nicht Gegenstand“ der Verhandlungen. Mit dieser Erklärung hat der ÖTV- Vorsitzende Kurt Lange gestern Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) eine klare Absage erteilt, die Urlaubs- und Weihnachtsgeld bei höheren Gehaltsgruppen kürzen will, während sie gleichzeitig die schlechter verdienenden Angestellten und Beamten von der Sparmaßnahme verschonen möchte. „Die Senatorin sollte sich nicht in jede Sache einmischen“, winkte Lange ab.

ÖTV, DAG, GEW und die Polizeigewerkschaft GdP riefen gestern ihre Mitglieder für die ersten drei Tage kommender Woche zu Warnstreiks auf. Damit wollen sie die Verhandlungsposition ihrer Bundesorganisationen stärken, die am kommenden Mittwoch in Stuttgart weiterhin 4,5 Prozent mehr Gehalt und Lohn für ihre Klientel aus Verwaltungsangestellten, Beamten, Lehrern, Krankenschwestern, Polizisten und Feuerwehrleuten fordern wollen.

Kurt Lange kristisierte vor allem die Bundesregierung, die durch Verlängerung der Arbeitszeit, Streichung arbeitsfreier Tage sowie nur noch 80prozentige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall den Sozialstaat abbaue. Würden sich die öffentlichen Arbeitgeber mit ihren Vorstellungen in Bund und Land durchsetzen, bedeutete dies Gehaltseinbußen von bis zu 13 Prozent.

Aktionen in Berlin begründete Lange mit der Ankündigung von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing und Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), im öffentlichen Dienst eine Nullrunde zu verhängen. Der dramatische Zustand des Landeshaushalts sei nicht sein Problem: „Wir kümmern uns ums Portemonnaie der einfachen Menschen, für den Haushalt muß die Politik geradestehen.“

Die Gewerkschaften wollen mit den Warnstreiks den „Anschluß an die allgemeine Einkommensentwicklung“ erkämpfen und die Gehälter im Osten ab kommendem Jahr auf Westniveau angehoben wissen. In Berlin ist die zweite Forderung allerdings überflüssig, weil die Große Koalition längst eine schnellere Erhöhung der Ostgehälter beschlossen hat, so daß die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Ostberlin ab diesem Oktober „volles“ Gehalt bekommen.

Innensenator Schönbohm warf den Gewerkschaften vor, sie verhielten sich „unverantwortlich“. Die öffentlichen Haushalte seien „erschöpft“, zusätzliche Belastungen in besonderem Maße in Berlin „nicht auszuhalten“. Auch Eberhard Diepgen ließ die Warnstreiks verurteilen: „Die Kassen sind leer.“ Dirk Wildt

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