Occupy Oakland: "Wir kleiden die 99 Prozent ein"
Die Resonanz auf den Aufruf der Occupy-Aktivisten zum Generalstreik in der kalifornischen Stadt Oakland ist durchwachsen. Immerhin blockieren sie den wichtigen Hafen.
WASHINGTON taz | Der erste sogenannte Generalstreik in Oakland seit 1946 beginnt mit einer der größten Demonstrationen in der Geschichte der kalifornischen Stadt: Rund 30.000 Menschen sind den Veranstaltern zufolge dabei. Er führt am Abend zur Stilllegung des fünftgrößten Containerhafens der USA.
Und er endet in der Nacht zu Donnerstag mit Scharmützeln zwischen DemonstrantInnen und Polizei, die erneut in Kampfuniform und mit schrot-gefüllten "Bean-Bags", Tränengas und anderem "nicht tödlichen Schussgerät" angetreten ist. Dutzende DemonstrantInnen werden festgenommen. Andere landen verletzt in Krankenhäusern.
In anderen Städten der USA finden kleinere Unterstützungsaktionen statt. Unter anderem ziehen KriegsveteranInnen durch Manhattan. Doch der Schwerpunkt der Anti-Wall-Street-Proteste, die am 17. September in New York begonnen haben, hat sich an diesem Mittwoch an die Westküste verlagert.
"Geschlossen", steht auf der Leuchtreklame des "Grand Lake Theater"-Kinos in Oakland: "Wir sind stolz, die Occupy-Wall-Street-Bewegung zu unterstützen". Andere Geschäfte bleiben offen, dekorieren aber ihre Vitrinen um. "Wir kleiden die 99 % ein" ist in einem Schaufenster zu lesen.
Die Bürgermeisterin der Stadt, Jean Quan, die verschiedene Ziele der Bewegung unterstützt - darunter den Protest gegen Räumungsklagen und gegen den Umgang der Banken mit sozial schwachen KundInnen - hat den BeamtInnen gestattet, zur Demonstration zu gehen. Die Hafenarbeitergewerkschaft Ilwu ruft zwar nicht offen zum Streik auf, unterstützt aber Occupy Oakland.
"Liberate Oakland"
Die Befolgung des Aufrufs zum Generalstreik ist durchwachsen. In der Innenstadt sind zwar zahlreiche Betriebe geschlossen. Andere haben ihren Beschäftigten nahe gelegt, zu Hause zu arbeiten.
Doch die Stadt steht an diesem Mittwoch nicht still. Nachdem ein 24-jähriger Demonstrant durch ein Polizeigeschoss einen Schädelbruch erlitt, hat Occupy Oakland Flugblätter verteilt, auf denen stand: "Liberate Oakland. Shut down the 1 %." Eine junge Besetzerin verliest den Streikaufruf an der Ecke Broadway und Telegraph Avenue. Im Jahr 1946, als 100.000 Beschäftigte die Stadt für zwei Tage lang still legten, war diese Straßenkreuzung das Epizentrum der Bewegung.
Doch an diesem Mittwoch bleiben morgens nur 40 von 325 Hafenarbeitern der Arbeit fern, meldet die Gewerkschaft Ilwu. Erst am Abend, als mehrere tausend DemonstrantInnen den Zugang zum Hafen blockieren, wird die ganze Anlage stillgelegt. Auf dem Weg von dem besetzten Platz vor dem Rathaus hinunter zum Hafen haben die DemonstrantInnen auch vor den Banken "Wells Fargo" und "Chase" Station gemacht. "Die Banken wurden gerettet, wir wurden ausverkauft", skandieren sie.
Später am Abend scheren kleine Gruppen aus. Sie besetzen kurzfristig ein leerstehendes Haus am Hafen, sie sprühen Graffiti an Fassaden und sie zerschlagen mehrere Schaufenster.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung