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ObdachlosenbetreuungTreberhilfe prellt die Miete

Der Treberhilfe droht neues Ungemach: Sie soll Mieten für Klienten nicht gezahlt haben. Die Zukunft der Einrichtung steht ohnehin auf der Kippe.

Wer keine Miete zahlt, landet wieder auf der Straße: Obdachlose in Berlin. Bild: AP

Wieder Ärger für die Treberhilfe: Weil sie die Miete für mehrere Klienten über Monate nicht gezahlt habe, drohe diesen nun die Räumung, so die Senatssozialverwaltung. "Es ist empörend, wie die Treberhilfe mit Schutzbefohlenen umgeht", sagte Sprecherin Anja Wollny der taz.

Es ist eine weitere Episode in den Wirrungen um die Einrichtung für wohnungslose Jugendliche und Erwachsene. Seit 1988 hatte sich die Treberhilfe einen guten Ruf erworben und einen Großteil der Berliner Obdachlosenhilfe gestemmt. 2010 wurde bekannt, dass ihr damaliger Chef Harald Ehlert sich ein sechsstelliges Jahresgehalt und einen Maserati als Dienstwagen gönnte. Seitdem bröckelt der Einrichtung die Finanzierung weg.

2010 hatte die Senatssozialverwaltung, zuständig für die Hilfen für erwachsene Obdachlose, ein Prüfverfahren angeregt. Daraus hätten sich schwere Verstöße bei der Vertragserfüllung ergeben. Medien zufolge setzte die Treberhilfe zu wenig Personal für die Betreuung ihrer Klienten ein und erwirtschaftete so ihre beachtlichen Profite. Weil die Einrichtung keine Unterlagen vorgelegt habe, die das Gegenteil beweisen, hat die Sozialverwaltung Ende Mai ihre Verträge über jährlich rund 5,4 Millionen Euro gekündigt. Nur bestehende Betreuungsverhältnisse mit Erwachsenen werden noch zu Ende finanziert. Die Treberhilfe hat Klage dagegen eingereicht. Zurzeit demonstrieren Angestellte und Klienten der Treberhilfe regelmäßig vor der Sozialverwaltung. Die fristlose Kündigung sei rechtswidrig und auch für die Stadt unzumutbar, so Gideon Joffe, seit Dezember neuer Treberhilfe-Geschäftsführer.

Auch beim zweiten Standbein, der Jugendhilfe, droht Ungemach: Hier geht es um Verträge über mehr als 3 Millionen Euro jährlich. Ungereimtheiten bei der Bezahlung der Sozialarbeiter haben die zuständige Senatsbildungsverwaltung zu Nachverhandlungen bewegt. Deren Sprecher zeigt sich zuversichtlich, dass es bis Ende Juni zu einer Einigung kommt. Nicht zuletzt läuft ein Verfahren der Finanzbehörden gegen die Treberhilfe, bei dem die Aberkennung der Gemeinnützigkeit und eine saftige Steuernachzahlung drohen.

Und nun die Mietenaffäre: Laut Sozialverwaltung hat die Treberhilfe in 13 Fällen Geld von den Jobcentern für Mietzahlungen bekommen, es aber nicht an die Vermieter weitergeleitet. In 11 Fällen laufe bereits eine Räumungsklage. Geschäftsführer Joffe wollte gegenüber der taz die Zahl der Klagen nicht bestätigen und drehte den Spieß um: Die Treberhilfe habe selbst offene Forderungen in Höhe von rund 500.000 Euro gegenüber den Jobcentern.

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4 Kommentare

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  • FT
    Frank Tabatt

    Hallo Herr Vielhaber,

    das ist für Sie wenn Sie aus selbt erlebter Arbeitswelt dazu mehr wissen, natürlich eine ganz andere Erfahrungslage. Ich glaube Ihnen schon das Sie mit H.Ehlert so diverse Erlebnisse hatten- ich hatte auch mal so einen Chef (bei dem wurde ich in knapp 3 Jahren über 20 mal entlassen und nach 10 Minuten wieder eingestellt). Das zehrt schon auch am dicksten Fell.

    Um so etwas nicht wieder zu erleben , habe ich mich dann vor 17 Jahren selbständig gemacht. Das ist auch nicht immer Zucker schlecken. Wenn Sie Ihre Situation verbessern wollen kann ich Ihnen trotzdem nur raten : Machen Sie Sich Selbständig!

    Ein bischen werden Sie dann auch die Macken von H.Ehlert verstehen. Wenn Sie immer mit Ihrem eigenen Geld und Hab und Gut für alles haften müssen, geht Ihnen bestimmt öfter mal die Muffe.

    Also springen Sie ins kalte Wasser und Sie wachsen -zumindest als Persönlichkeit!

    Mfg Frank Tabatt

  • NE
    ...name eben

    Wofür werden den die "Klienten" bestraft?

    Dafür, dass sie bedauerlicherweise die Treberhilfe in Anspruch nehmen mussten?

     

    Ein bisschen mehr Reflektionsvermögen sollte auch ehemaligen Mitarbeiter_innen nicht schaden.

  • FV
    Fred Vielhaber

    Lieber Herr Tabatt,

    als Außenstehender können Sie sicherlich vieles glauben, aber Sie sollten sich ein eigenes Bild machen, bevor Sie hier Vermutungen anstellen. Als ehemaliger Mitarbeiter der Treberhilfe kann ich Ihnen nur dies sagen, nämlich dass ich mich für die Art und Weise, wie die Macher der Treberhilfe staatliche Gelder nutzen um sich persönlich zu bereichern so geschämt habe, dass ich lieber gegangen bin als mit solchen Leuten zusammenarbeiten zu müssen. Gerade in einem so sensiblen Bereich, in dem es um Menschen geht - Mitarbeiter, Klienten UND vor allem auch Steuerzahler, die das alles finanzieren - sollten hohe Maßstäbe gelten: moralische und auch finanzielle/steuerliche. Leider waren der einzige Maßstab, den ich gesehen habe, die Dollarzeichen in den Augen der Geschäftsleitung. Das Wort Klient habe ich aus deren Mündern nie gehört, die waren nur Mittel zum Zweck. Jede Art von Rufmord ist meines Erachtens nach erlaubt, da es hier darum gehen muss, den Leuten das Handwerk zu legen, die die hervorragende Arbeit der über 200 Mitarbeiter in den Dreck gezogen haben und bis heute deren Arbeitsplätze gefährden. Leider haben die Mitarbeiter keinen Weg gefunden ihre Führung loszuwerden. Wenn sie nun alle untergehen, ist das bedauerlich. Aber die einzige Alternative wäre Herrn Ehlert weiter zu ertragen und zu subventionieren. Und das darf nicht geschehen. Alles was passiert ist und noch passieren wird, ist 100% die Schuld der Treberhilfe-Verantwortlichen. Und daher haben sie es verdient, dass das Unternehmen wohl in Kürze aufhören wird zu existieren. Strafe wem Strafe gebührt...

  • FT
    Frank Tabatt

    Hallo,

    ich glaube für mich als Außenstehender "Nichtberliner" das sicher auf beiden Seiten Fehler gemacht wurden.

    Der derzeit gewählte Weg des Senats ist allerdings schon fast als Rufmord gegenüber der Treberhilfe zu bezeichnen. Ich glaube hier spielen persönliche Befindlichkeiten einzelner Politiker eine überragende Rolle und die sollten in einem so sensiblen Bereich in dem es um Menschen , egal ob Klienten oder Mitarbeiter der Treberhilfe geht, nicht als Maßstab gelten.

    Mfg Frank Tabatt