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Obdachlose im Wiener HörsaalPolitiker fordern Polizeieinsatz

Den besetzten Audimax der Uni Wien nutzen Obdachlose als Nachtlager. Die Studenten fühlen sich prima unterstützt, konservative Politiker finden, das geht zu weit und rufen nach der Polizei.

Na, dann: gute Nacht! Bild: dpa

WIEN dpa | Sechs Wochen nach dem Beginn der Besetzung des größten Hörsaals der Universität Wien durch Studenten fordern Politiker jetzt eine baldige Räumung. Der Grund: Immer mehr Obdachlose haben sich in dem beheizten Audimax häuslich eingerichtet.

Sie nutzten den Hörsaal nicht nur als Schlafplatz, sondern profitierten auch von der kostenlosen Verpflegung in der von den Studenten eingerichteten Küche, berichtete die Zeitung Die Presse am Freitag. Die wenigen Studenten, die immer noch in dem Saal ausharrten, duldeten die Obdachlosen und lobten, diese würden die Anliegen der Studierenden "durch ihre Mitarbeit unterstützen", hieß es.

Fritz Kaltenegger, Generalsekretär der Volkspartei ÖVP, und andere Politiker aus der Jungen ÖVP rieten Uni-Direktor Georg Winckler jetzt, einen Polizeieinsatz anzufordern. Derzeit fänden sich im Audimax "nur noch traurige Gestalten", hieß es. Auch bangten die Studenten, die sich nicht an den Protesten beteiligten, um ihren Studienerfolg. Bisher habe die Besetzung bereits Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro verursacht. Die Studenten fordern unter anderem mehr Geld für Forschung und Bildung sowie bessere Studienbedingungen.

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12 Kommentare

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  • SM
    susi mayer

    hm-hm... - wie macht man stimmung für eine räumung. zur not eben mit obdachlosen...

     

    aber mal kurz zurück von stadtpolitischen zielen in wien zu studentischen anliegen und themen in berlin. an der FU rumort es weiter. 18:12 oder ganz offener tisch am kommenden montag?

     

    http://wikinews030.wordpress.com/2009/11/30/szenen-einer-sitzung-dringlichkeitssitzung-des-akademischen-senats-der-fu-zu-lenzenfrage-und-bildungsstreik-30-11-09/#comment-222

     

    (enthält auch link zur einladung sowohl zum runden tisch selbst [gnadenlose uhrzeit, 8 uhr früh] als auch zum vorbereitungstreffen dafür, im besetzten hörsaal, findet am sonntag, also morgen statt, siehe link)

  • IG
    Ih Gitt Obdachlose

    Danke für den letzten Satz, der zumindest erklärt, woher das Finanzloch im Bildungswesen kommt: Natürlich durch die Prosteste, das wir da nicht gleich drauf gekommen sind...

     

    Was kommt als nächstes? Eine Rechnung nach der man die Mittel für Transparente und Fahnen besser in Forschung und Lehre hätte stecken sollen?

  • S
    sub

    wie typisch herzlos diese rechte ÖVP ist, dabei würde sie eigentlich nicht mal die studenten dulden..

    aber wenn schon besetzt, können doch ruhig obdachlose auch da schlafen, ist doch warm und essen würde ja eh von den studis verteil werden, egal ob mit oder ohne obdachlose.

    die könnens brauchen..wisst ihr eigentlich wie viele obdachlose in der kälte um diese zeit erfrieren!!

    meine fresse und die taz gibt einfach die statements dieser rechtspopulistischen partei weiter, als wären es quellen.

     

    schämt euch ihr neo-tazis!

  • C
    Christian

    Löblich, dass sogar die taz sieht, dass in den besetzten Gebäuden nur noch herzlich wenige Studenten sitzen. Mag die Zustimmung noch so groß sein, die Probleme scheinen nicht wichtig genug zu sein, als dass sich die "72%",die angeblich zustimmen, an den Aktionen beteiligen. Und die, die sich beteiligen, machen schichtbetrieb bei der Besetzung, was auch an der Ernsthaftigkeit der Forderungen zweifeln lässt...sofern denn Forderungen bestehen (In Darmstadt ist z.B. das Schloß besetzt,die Unileitung ist gesprächsbereit, nur die Studenten nicht, da keine Forderungen klar sind... -.- )

    was schließen wir daraus ?

     

    --> Ich denke,also bin ich dagegen

  • HB
    Herzogenaurach bis Audimax

    Entschuldigung! Wie weit ist es eigentlich von Herzogenaurach bis Audimax?

  • KS
    kleiner Spinner

    Am erschreckendsten ist die Begründung für den Polizeieinsatz: Derzeit fänden sich im Audimax "nur noch traurige Gestalten".

     

    Wer für "Chancen", "Aufstieg" und "Karriere" demonstriert, dem wird es gerade noch nachgesehen. Wer traurig, weil vom vom unendlichen Spaß des Kapitalismus ausgeschlossen ist, der muss umgehend entfernt werden wie Ungeziefer.

  • F
    Fate

    @ Pontifex:

    Diese Artikelform nennt sich Bericht, da wird nicht kommentiert, sondern eben berichtet, auch die Stimmen aus der ÖVP.

  • S
    Sodon

    @ Anneliese

     

    Meinen Sie, nur Studenten dürfen für sich für die Bildungsgesellschaft einsetzen?

    In Frankreich solidarisieren sich die Obdachlosen und 'Unterschichten' sehr häufig mit anderen Gruppen. Dort ist die Brücke zwischen Mittel- und Unterschicht nicht so stark ausgeprägt wie in Deutschland. Man traut sich einander zu berühren.

    Auf der anderen Seite finde ich es sehr traurig, das so wenig über die Obdachlosen selbst berichtet wird. Wer hungert und friert, der freut sich über jede ehrliche Hilfe. Zudem haben Obdachlose das selbe Recht ihre Meinung zu äußern wie jeder andere ebenso.

     

    Mir düngt hier eher der Verdacht, dass man es langsam mit der Angst zu tun bekommt. Solange nur eine einzelne Gruppe nörgelt nimmt sie keiner ernst. Notfalls werden sie 'niedergeknüppelt', was ja traurigerweise in den letzten Jahren häufiger vorgekommen ist, sogar vor Kindern schrecken einige Polizisten nicht zurück. Doch in dem Augenblick, wo sich Gruppen beginnen zu vereinen, anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen wird es um einiges gefährlicher. Denn dadurch könnte ein solidarisches Netzwerk entstehen, welches sich nicht mehr so ohne weiteres zerstören läßt.

    Ich finde diese Art der Soldiarität gut und richtig. Sie müßte Wurzeln schlagen und sich immer weiter ausbreiten. Denn wir alle sollten uns darüber im klaren sein: Die Proteste in den Unis und anderswo in Europa haben im letzten Jahr erheblich zugenommen. Es geht im Grunde gar nicht um Studiengebühren oder Masterabschlüsse. Es geht um eine steigende Unzufriedenheit. In einem Land, wo die Reichsten Unternehmen der Welt bis zu 500 Milliarden über Nacht vom Steuerzahler erhalten, aber kein Geld für hungernden Kinder da sein soll, da läuft eine ganze Menge schief. Es geht schon lange nicht mehr um einen einzigen Punkt. Es geht um viel mehr. Wenn die Regierung weiter auf ihrem Kurs bleibt (woran kein ZWeifel besteht) dann wird früher oder später das ganze wie ein Pulverfass explodieren. Aber eventuell ist sogar das gewollt. Wer weiß das schon so genau...

  • PD
    peter das schnitzel

    Ja genau wir gehen einfach auf die Straße, sprechen Obdachlose an damit diese für uns die Besetzung der Hörsäle übernehmen. Dabei denken wir natürlich nicht einfach nur sozial, nein, es ist totaler Egosimus der uns antreibt Notleidende zu unterstützen. natürlich...

    Ist doch ein schönes Zeichen, das dem Fortschritt der Uni als ökonomische Instanz entgegensteht.

  • A
    Anneliese

    Nichts gegen die Anliegen der Studenten, aber es untergräbt doch ein wenig die Glaubwürdigkeit, wenn man die Präsenzaufgaben an Dritte delegiert, für Kost und Logis. Und dafür auch noch nicht mal selber aufkommen muss.

     

    Ein trauriges Zeichen studentischen Selbstverständnisses.

  • J
    johannes

    gibt es irgendwelche belastbare quellen für diese angeblichen 1,3 millionen euro, die die besetzung gekostet haben soll?

  • PM
    Pontifex Maximus

    Ich finds echt peinlich das die taz hier mehr oder weniger unreflektiert die Unwahrheiten der ÖVP weiterverbreitet.

     

    "Die wenigen verbliebenen Studenten"?

     

    "Die um ihren Studienerfolg bangenden Studenten?"

     

    Die Zustimmung zu den Protesten unter den Studenten ist noch immer extrem groß, über 72% finden es gut und wichtig

    http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/522120/index.do?_vl_backlink=/home/bildung/universitaet/516801/index.do&direct=516801

     

    Das natürlich nicht alle davon die ganze Zeit im audimax sein können ist klar.

     

    Von der taz hätte ich mehr erwartet...