Obamas Einfluss auf Nahost-Krise: "Konflikt kann nicht gelöst werden"
Der kommende US-Präsident Barack Obama wird nicht allzu viel im Nahen Osten ausrichten können, meint Nahostexperte Aaron David Miller.
taz: Herr Miller, Israel hat seine Militäraktion in den letzten Tagen der Bush-Regierung gestartet. Weil vom zukünftigen Präsidenten Obama nicht mehr dieselbe Rückendeckung zu erwarten gewesen wäre?
David Aaron Miller: Nein. Die Israelis haben sich durchaus bemüht, diese Krise zu verhindern. Schauen Sie, das Wetter dort ist schlecht, in Israel sind bald Wahlen, es herrscht große Unsicherheit, ob sie bei dem, was sie anstreben, Erfolg haben werden. Als sie sich dann zum Gegenschlag entschlossen, wollten sie es so schnell wie möglich angehen. Aber, ehrlich, ich weiß nicht, wie sich die Israelis das vorstellen.
Die israelische Seite hat bislang nicht wirklich klar definiert, ab wann für sie ein Sieg erreicht wäre.
Doch, sie wollen, dass der Raketenbeschuss aufhört; dass die Tunnels hinüber nach Ägypten versiegelt werden. Und sie wollen die Freilassung des vor zwei Jahren gekidnappten Soldaten Gilad Schalit.
Geht es Israel nicht auch darum, wie schon beim Libanonkrieg 2006, die Muskeln spielen zu lassen und zu zeigen, wer im Nahen Osten den Takt vorgibt?
Am Ende ist nur wichtig, wie dieser Krieg und sein Ende wahrgenommen werden. Israel ist wild entschlossen, einen politischen Sieg der Hamas zu verhindern, so wie ihn die Hisbollah 2006 am Ende errang. Und die Hamas ist wild entschlossen, politisch zu siegen.
Wenn Obama ins Weiße Haus einzieht, wird er etwas tun müssen gegen die Krise im Nahen Osten. Womit soll er anfangen?
Wenn er antritt, könnten drei verschiedene Szenarien auf ihn warten. Er könnte ein Bündel an Waffenstillstandsvereinbarungen erben, auf die man sich schon geeinigt hat. Oder aber eine israelische Militäraktion im dicht bevölkerten Gaza. Oder er könnte sogar eine Situation erben, in der die Israelis versuchen, den gesamten Gazastreifen zurückzuerobern und dabei die Hamas als eine politische und militärische Organisation zu zerstören.
Was, glauben Sie, ist das wahrscheinlichste Szenario?
Irgendwo zwischen Szenario eins und zwei.
Was kann Obama konkret tun, um die Gazakrise beizulegen?
Wie gesagt: Bis zu seinem Antritt wird noch klarer werden, wohin dieser Konflikt führt. Sollten die Israelis wirklich versuchen, Gaza zurückzuerobern, kann Obama überhaupt nichts tun. Denn wenn die Israelis so weit gehen wollen, dann lassen sie sich durch nichts aufhalten. Natürlich wird Obama sich mit diesem Konflikt befassen, aber mal ehrlich, er wurde nicht gewählt, um die Welt zu retten. Er wurde gewählt, um die USA in Ordnung zu bringen und zu schützen. Den US-Bürgern ist es im Großen und Ganzen völlig egal, was aus dem arabisch-israelischen Konflikt wird.
Egal? Was im Nahen Osten passiert, ist doch nicht folgenlos für die USA. Müssen sie nicht zwangsläufig helfen, den Konflikt zu lösen?
Dieser Konflikt kann nicht gelöst werden. Er kann höchstens gemanagt werden.
Ihr neuestes Buch heißt dem entsprechend etwa: Das zu sehr gelobte Land: Amerikas hoffnungslose Suche nach dem arabisch-israelischen Frieden …*
… und bislang habe ich recht.
Würden Sie Obama raten, die Isolationspolitik gegenüber der Hamas zu beenden?
Wenn er die Israelis vor den Kopf stoßen, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland unterminieren und sich den Zorn des US-Senats zuziehen will, dann sollte er mit der Hamas reden. Nein, ehrlich: Das wäre eine dumme und waghalsige Politik. Nach dem, was die Israelis dort gerade tun, wird es ohnehin sehr lange dauern, bis es die Chance zu einem Dialog zwischen Israel und der Hamas gibt. Das sollten wir uns mal abschminken und in die Wünschekiste packen.
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