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Obama will sich als Sieger feiern"Sie war eine kluge Kandidatin"

Bei den Vorwahlen am Dienstag dürfte Obama die notwendige Delegierten-Mehrheit erreichen - und sich wie ein Sieger im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur feiern.

Erwarteter Sieger im Zweikampf mit Clinton: Barack Obama Bild: dpa

WASHINGTON taz "Wow, wow, wow," entfuhr es dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber Barack Obama am Sonntag, nachdem er das Podium seiner Wahlveranstaltung in Portland, im Westküstenstaat Oregon, bestiegen hatte. Um ihn herum hatten sich unter freiem Himmel an die 75.000 Zuhörende versammelt - die größte Menge, die der US-Senator in diesem Wahlkampf bislang zusammenbrachte. Ein gutes Omen für die Vorwahlen in Oregon am Dienstag.

Gefragt, ob er die gleichzeitig stattfindenden Vorwahlen in Kentucky, bei denen Hillary Clinton als Siegerin vermutet wird, aufgegeben habe, antwortete Obama: "Nein, ich gebe nicht auf, aber wir müssen uns entscheiden. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein."

Muss er auch nicht. Denn mit dem zu erwartenden guten Abschneiden in Oregon könnten die Wählenden den schwarzen Kandidaten in die Lage versetzen, "von einer gewonnenen Mehrheit zu sprechen", wie er selbst es am Wochenende nannte. Ab Dienstagabend könnte der Senator damit über mehr als 1.627 gewählte Delegierte für den Nominierungsparteitag verfügen - das wäre die Mehrheit derjenigen Delegierten, die durch Abstimmungen in den Bundesstaaten benannt werden. Dass die insgesamt knapp 800 von der Partei bestimmten Superdelegierten, deren Stimmen beiden Kandidaten über die Schwelle zur absoluten Mehrheit helfen könnten, sich gegen das Mehrheitsergebnis der Vorwahlen stellen könnten, gilt als fast ausgeschlossen.

Während seine Rivalin Clinton noch in Kentucky bei zahlreichen Wahlkampfauftritten um jede Stimme warb, ließ Obama wissen, dass er vorhabe, die Wahlergebnisse am Dienstagabend weder in Oregon noch in Kentucky zu erwarten, sondern im US-Bundesstaat Iowa. Dort hatte Obama bei der ersten Vorwahl des Wahlkampfes am 3. Januar seinen ersten, Überraschungssieg errungen. "Eine super Gelegenheit, die Sache rundzumachen," böte sein Auftritt am Dienstag dort, ließ Obama wissen. Das solle nicht bedeuten, dass er sich gleich zum Sieger erklären werde, beeilte sich Obama gegenüber Reportern zu sagen, aber es würde den Unentschiedenen unter den Superdelegierten helfen, sich zu entscheiden.

Obamas Siegesgewissheit ungeachtet beackerte Hillary Clinton unverdrossen Straßenfeste, Parkplätze und eine Whiskey-Destillerie in Kentucky. Sie sei die bessere Kandidatin als ihr Rivale Obama, sie sei bereits ausgetestet und bereit, am Tag eins im Weißen Haus mit der Arbeit zu beginnen, und sie sei die bessere Oberkommandierende, weil sie erfahrender in der Außenpolitik sei, sagte sie ihren jubelnden Zuhörenden. Im Übrigen betont sie hartnäckig, dass sie mehr Wählerstimmen erhalten habe als Obama.

Bei ihrer Rechnung kalkuliert Clinton jedoch ungeachtet der Parteiregeln mit Stimmen, die sie in den beiden Bundesstaaten Florida und Michigan erhalten haben will - zwei Staaten, deren Delegierte die demokratische Partei, unter Zustimmung Clintons, vor der Wahl für ungültig erklärt hatte, da sich die dortigen Parteiverbände nicht an die Parteistatuten gehalten und die Wahltermine vorverlegt hatten.

Nach Expertenmeinung hat Hillary Clinton keine Siegeschancen mehr. Dennoch betont die Senatorin unverdrossen, bis zum Ende der Vorwahlen am 3. Juni weiter im Rennen um die Nominierung bleiben zu wollen. Man höre nicht vorzeitig mit einer begonnenen Arbeit auf, versicherte Clinton ihren Anhängern.

Barack Obama ließ seine Konkurrentin in seinen Auftritten demonstrativ unerwähnt. Kurz sprach er einmal von ihr, in der Vergangenheitsform. "Sie war eine kluge, außergewöhnliche Kandidatin, smart und hart und entschlossen," sagte Obama am Wochenende und nutzte ansonsten Auftritte in den Sonntagstalkshows, um gegen seinen republikanischen Konkurrenten John McCain auszuholen. Der hatte ihn zuvor als einen Träumer dargestellt, der nicht wisse, dass man von außenpolitischen Feinden umgeben sei. Obama schlug zurück, indem er McCain - und US-Präsident Bush - eine "naive und unverantwortliche Außenpolitik" vorwarf. "Dieser Sache wird nicht gedient mit verlogenen und spaltenden Angriffen von der Art, wie wir sie seit einigen Tagen von George Bush und John McCain erleben." Der Schlagabtausch gilt als Vorgeschmack auf das Duell der beiden politischen Parteien um das Weiße Haus.

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