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Obama gibt sich neutralKeine Begeisterung für Mussawi

Die USA reagieren auf die Proteste im Iran zurückhaltend und bemühen sich um Neutralität. So kam es dazu, dass sich Präsident Obama skeptisch über Irans Oppositionsführer Mussawi äußerte.

Findet Ahmadinedschad und Mussawi nicht so verschieden: US-Präsident Obama. Bild: ap

WASHINGTON dpa/rtr/taz | Lange hielt er sich merklich zurück. Nun hat US-Präsident Barack Obama sich deutlich zur Protestbewegung im Iran und den umstrittenen Wahlen geäußert. Die Unterschiede zwischen dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi seien weniger groß als dargestellt, erklärte er im Interview.

Unabhängig vom Ausgang der umstrittenen Präsidentenwahl müsse man "in beiden Fällen mit einem Regime umgehen, das den Vereinigten Staaten historisch feindlich gesinnt gewesen wäre, das einige Probleme in seiner Nachbarschaft verursacht hat und das hinter Nuklearwaffen her ist", sagte Obama am Dienstag dem US-Sender CNBC. Angesichts der "erstaunlichen" Entwicklung im Iran sei es wichtig zu verstehen, "dass der Unterschied zwischen Ahmadinedschad und Mussawi in Fragen ihrer tatsächlichen Politik nicht so groß sein dürfte wie dargestellt", so Obama weiter.

Deutliche Worte, die besonders von taktischen Erwägungen geprägt sein dürften. Die USA sind bestrebt, eine Einmischung in die turbulenten innenpolitischen Entwicklungen im Iran zu vermeiden. Sollte Ahmadinedschad weiterhin an der Macht bleiben, will Obama sich die Chance auf einen Dialog erhalten. Dies wäre unmöglich, wenn die USA sich nun deutlich auf die Seite der Opposition schlagen würden – oder mögliche Wahlfälschung anprangern.

Das US-Interesse im Iran definierte Obama nun so: Seine Land wolle, dass der Iran keine Atomwaffen entwickelt und die Finanzierung von radikal-islamischen Organisationen wie Hamas und Hisbollah einstellt. Und dann fügte er eben diese diplomatisch zurückhaltende Formel hinzu: "Und das hätte für jeden gegolten, wer immer auch als Sieger aus der Wahl hervorgegangen wäre."

Die Republikaner hatten den US-Präsidenten mit der Forderung unter Druck gesetzt, er solle die Demonstranten im Iran offen unterstützen. Der frühere US-Präsidentschaftskanidat John McCain sagte über Obama: "Er sollte offen benennen, dass dies eine korrupte, betrügerische und fingierte Wahl ist." Obama scheint dies jedoch nicht für zweckmäßig zu halten.

Es sei am iranischen Volk, eine Entscheidung zu fällen, so der US-Präsident. "Die Frage, die die Führung im Iran jetzt zu beantworten hat, ist die nach ihrer eigenen Glaubwürdigkeit in den Augen des iranischen Volkes." Doch angesichts des friedlichen Protests Hunderttausender in den Straßen, die mit Gewalt und Schüssen auseinandergetrieben werden mussten, habe er nicht den Eindruck, "dass die Iraner von der Rechtmäßigkeit der Wahlen überzeugt sind".

Im Iran gibt es seit Tagen Massenproteste gegen den erklärten Sieg von Ahmadinedschad bei der Präsidentenwahl. Die großen politischen Linien im Iran werden nicht vom Präsidenten, sondern von dem Geistlichen Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei festgelegt. Die USA und der Iran sind seit der Islamischen Revolution von 1979 verfeindet. Das von der Revolution gestürzte Schah-Regime genoss lange Zeit massive Unterstützung der USA.

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8 Kommentare

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  • P
    PaterPen

    @Sunny:

    Was ich sage.

    Und dennoch:

    Vergesst mir die Elektrolyte nicht.

    (Dehydrierung schließlich gefährdet die Freiheit nicht minder als refelexhaftes Kopfnicken. In Theheran wie anderswo...)

  • A
    anke

    Offenbar hat der Ex-US-Präsidentschaftskanidat John McCain die einmalige Gelegenheit gehabt, die Stimmenauszählung im Iran mit eigenen Augen zu überwachen - landesweit. "Welch ein Weit-, Über,- und Durchblick!", kann man da nur bewundernd hauchen. Schließlich: Was sonst könnte einen Mann derart sicher machen bezüglich der Adjektive, mit denen er das Wort Wahl zu kombinieren beliebt?

     

    Dass ein dann doch nicht gewählter Kandidat seinem siegreichen Konkurrenten auch nach der Stimmauszählung immer mal wieder zu erklären versucht, was dieser zu tun oder zu lassen hat, ist weit weniger erstaunlich. So etwas soll auch früher schon hin und wieder mal vorgekommen sein. Nicht nur im Iran und in den USA. Dass es DIE Iraner allerdings nicht gibt, sollte nicht nur Barak Obama klar sein, sondern auch John McCain. Immerhin haben die beiden Männer diesem Fakt den Umstand zu verdanken, dass einer von ihnen Präsident ist, während der andere die Nervensäge geben muss.

  • C
    Christian

    "Die Aufstände haben ein klares Ziel: Mehr Demokratie im Iran. Es geht nicht um Mussawi oder Ahmadinedschad, es geht um Freiheit."

     

    ...und sollte den Iranern das tatsächlich gelingen, kann vielleicht auch die USA in Punkto "Demokratie" noch vom Iran lernen...irgendwie skurril!

  • S
    Sunny

    Also dieser Obama ...

     

    Irans Plan war eigentlich, dem Westen ein Blendwerk einer Reformbewegung nach Volkes Wille vorzuspielen, um die westlichen Kritiker etwas vom Rockzipfel zu schütteln.

     

    Wer von den Diabetes-geweichten Hirnen im Westen würde sich schon ernsthaft daran erinnern können, dass Mussawi schon mal acht Jahre lang in den Achtzigern Premierminister des Irans war und damals freudigst Oppositionelle inhaftiert und zu Tode gebracht wurden?

     

    Die bedingungslosen Sympathiebekundungen der antiislamistischen Kommentatoren in nahezu allen Gazetten deuteten sehr darauf, dass sie die weichsten Birnen von allen haben. Und nun kommt dieser Obama, der den Großteil seiner jemals zugeführten Kohlehydrate scheint's tatsächlich verstoffwechselt hat, und macht die schöne vorauseilende Siegesstimmung kaputt.

     

    Gesunde Ernährung ist für Spaßbremsen!!!

  • JG
    Jens-Peter Gröne

    Der Iran und die USA sind nicht erst seit 1979 verfeindet. Die Feindschaft fing an als die USA die demokratisch gewählte Regierung des Iran 1953 durch einen Putsch mit dem Schah ersetzte.

  • UR
    Udo Radert

    "Nach Ansicht von US-Präsident Barack Obama sind die Unterschiede zwischen dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi weniger groß als dargestellt.

     

    Unabhängig vom Ausgang der umstrittenen Präsidentenwahl hätte man "in beiden Fällen mit einem Regime umgehen müssen, das

     

    - den Vereinigten Staaten historisch feindlich gesinnt gewesen wäre,

     

    - das einige Probleme in seiner Nachbarschaft verursacht hat und

     

    - das hinter Nuklearwaffen her ist", sagte Obama...

     

    _____________

     

    Also, ich bin ja bekanntlich nun wirklich kein Obama-Jünger und mache diesen ganze Hype um ihn auch nicht mit, allerdings muss man hier schon mal ganz klar sagen:

     

    Aus *seiner* Sicht, also aus der eines US-Präsidenten, da hat der Mann doch mit dem oben zitierten vollkommen recht.

     

    Und was mich persönlich angeht, da meine ich:

     

    Solange dort unten in letzter Instanz sowieso immer und überall nur die Mullahs (Stichwort "Wächterrrat") das Sagen haben, so lange sind alle Wahlen dort eh nur eine "Wahl" zwischen Pest und Cholera.

     

    Die extrem enge Vermengung von Staat und Religion - ein sich noch niemals geänderter Wesenszug des Islam seit seiner Entstehung - *das* ist das Problem und nicht irgendwelche Köpfe, die dann das Sprachrohr der Mullahs sein dürfen.

  • D
    dariush

    Gerade gestern hat diese Feststellung der Israelische Auslandsgeheimdienst Chef Amier Dagan gemacht und sie kommt jetzt aus dem Munde von Barak Obama raus. Hier kann man sehen wie die amerikanische Politik aus TelAviv gesteuert wird.

  • LW
    Lasse Wißmann

    Ich habe Obama noch nie so Recht gegeben. Er übersieht allerdings, dass sich die Aufstände nicht nur um Mussawi drehen. Betrachtet man die Fotos und Videos, erkennt man, dass nur ein kleiner Teil der Menschen auf den Straßen grün gewandet ist.

     

    Die Proteste sind Zeichen des Unmuts, den der gehobene Teil der Bevölkerung gegen das undemokratische System des Gottesstaates hegt. Iranische Studenten sprechen von Mussawi als dem kleineren Übel, aber nicht als der Lösung des Problems.

     

    Die Aufstände haben ein klares Ziel: Mehr Demokratie im Iran. Es geht nicht um Mussawi oder Ahmadinedschad, es geht um Freiheit.