OSTEUROPAS „GAY PRIDE“-AKTIVISTEN BRAUCHEN UNTERSTÜTZUNG: Einmischung erwünscht
Staaten, die Mitglied der EU werden, müssen die Rechte von Schwulen und Lesben anerkennen. Polen musste diese Kröte schlucken. Diese Regel gilt aber auch für Staaten, die Mitglied des Europäischen Rates sein wollen: die Russische Föderation zum Beispiel. Dagegen gibt es freilich Widerstand: Beispielsweise durch Versuche, den „Gay Pride“ mit verwaltungsrechtlichen Tricks zu verhindern.
Polen ist damit gescheitert: Das Verbot des Warschauer „Gay Pride“ im letzen Jahr wurde jüngst vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt. Deshalb lief die Parade in Warschau in diesem Jahr ohne Schwierigkeiten ab. Das Verfahren gegen die Russische Föderation wegen ihres Verbots der Moskauer „Gay Pride“-Demonstration im letzten Jahr ist dagegen noch anhängig. Deshalb konnte die Moskauer Parade auch in diesem Jahr wieder von der Stadtverwaltung untersagt werden. Doch wie im letzten Jahr wird sie am Pfingstsonntag trotzdem stattfinden. Und an der Seite der AktivistInnen vor Ort werden sich auch diesmal wieder deutsche Mitstreiter finden.
Solche Solidaritätsbekundungen aus dem Ausland werfen allerdings jedes Mal wieder ähnliche Fragen auf: Sollen sich ausgerechnet Deutsche berufen fühlen, Polen und Russen Demokratie und Toleranz beizubringen? Oder liefert man den Nationalisten vor Ort, die überall stets eine ausländische Verschwörung wittern, damit nicht sogar eine regelrechte Steilvorlage?
Den „Gay Pride“-AktivistInnen vor Ort sind solche Debatten allerdings herzlich egal. Sie können jede Unterstützung gebrauchen – vor allem, wenn sie von ganz oben kommt. Im letzten Jahr soll es in Warschau einen Anruf aus dem Berliner Kanzleramt gegeben haben. Die sinngemäße Botschaft: Es wäre schön, wenn die deutschen Teilnehmer heil nach Hause kämen. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn Bundeskanzlerin Merkel auf dem EU-Russland-Gipfel auch den „Gay Pride“ in Moskau angesprochen hätte. Schließlich handelt es sich dabei um eine Demonstration für ein essenzielles Menschenrecht: das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. MARTIN REICHERT
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