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Archiv-Artikel

OFF-KINO Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Foolish Wives“ (OF) 18. 12. im Arsenal 2

Es war einer der größten Kinoerfolge der Sechzigerjahre: Die Menschen standen in langen Schlangen an den Kassen, und manche Kinos spielten David Leans Monumentalmelodram „Doktor Schiwago“ über mehrere Jahre hinweg. Woran mag es gelegen haben? Zunächst einmal schien Boris Pasternaks Roman über das Schicksal des Arztes und Schriftstellers Doktor Juri Schiwago, der sich vor dem Hintergrund der Russischen Revolution im Leben zu behaupten sucht, wie geschaffen für Leans Stil des „intimen Spektakels“: ein präzises Charakterporträt vor einem spektakulären geschichtlichen Hintergrund. Durch den Schnee und durch die unruhigen Zeiten stapft dann der romantische Individualist Juri Schiwago (Omar Sharif) und versucht, sich aus allem herauszuhalten. Er zieht sich ins Privatleben zurück, flüchtet in seine Liebe zu Lara (Julie Christie) und in die Kunst – und wird doch immer wieder von den alles umwälzenden Ereignissen eingeholt: ein entscheidungsunfreudiger Träumer, der durch Ereignisse treibt, die er nie selbst mitbestimmen kann. Das Überleben des Individuums und seiner künstlerischen Kreativität unter widrigen Umständen setzt Lean mit einem manchmal etwas penetranten Symbolismus in Szene: Da folgt auf jeden harten Winter ein Frühling mit blühenden Narzissen, und die von der Mutter geerbte Balalaika, an der Schiwago verzweifelt festhält, obwohl er gar nicht darauf spielen kann, wird auch er natürlich an seine gemeinsame Tochter mit Lara weitergeben. „Doktor Schiwago“ ist grandioser Kitsch auf handwerklich hohem Niveau – aber genau das möchte man an Weihnachten ja auch sehen.

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„It’s a Wonderful Life“ 23. 12. im Filmmuseum Potsdam

Kleinbürgerlicher Sentimentalismus, zweiter Teil: George Bailey (James Stewart) verhilft armen Leuten in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der örtlichen Bausparkasse zu einem gemütlichen Eigenheim. Trotzdem ist George deprimiert und will sich ausgerechnet am Weihnachtsabend das Leben nehmen. Da steigt sein Schutzengel herab und führt George vor, wie die Kleinstadtwelt ohne ihn aussehen würde: Eine Spielhölle steht an der Stelle der Bausparkasse! George ist geschockt und kuriert. Er kehrt heim zu Frau und Kind und den netten Nachbarn. „It’s a Wonderful Life“ heißt es nun, und Regisseur Frank Capra meint es durchaus ernst mit seiner typisch bittersüßen Kleinstadt-Sozialfantasie: „Niemand ist ein Versager, der Freunde hat.“

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„Doktor Schiwago“ 19. 12. – 22. 12., 24. 12. im Regenbogenkino

Das Kontrastprogramm: In „Foolish Wives“ (1921) macht sich Erich von Stroheim als falscher, aber fescher russischer Fürst in einem ebenso falschen Monte Carlo (Jean Renoir fand es besser als das echte) an die Gattin eines amerikanischen Diplomaten heran, um sie um ihr Geld zu betrügen. Ein Sittendrama mit hyperrealistischem Detail, ironisch und provokativ, sündhaft teuer, doch niemals sinnlos protzig. Von Stroheim habe an die Stelle einer kollektiv inspirierten Mythologie seine persönlichen Mythen gesetzt, analysierte Eric Rohmer und erkannte in dem extravaganten Regisseur einen der ersten Autorenfilmer der Geschichte. LARS PENNING