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OB-Wahl in WiesbadenHessen-SPD im Endorphinrausch

Mit Wiesbaden verliert die CDU die letzte hessische Großstadt an die Sozialdemokraten. Ist das ein Vorzeichen für die Landtagswahl?

Geht an die Decke: Wiesbadens neuer OB Sven Gerich Bild: dpa

WIESBADEN taz | Am Ende war es wieder sehr knapp, aber es war das Ende – für Wiesbadens CDU-Oberbürgermeister Helmut Müller. Der Amtsinhaber hatte in einer Stichwahl am Sonntag 49,2 Prozent der Stimmen geholt, sein Herausforderer Sven Gerich 50,8 – ein Unterschied von nur 1.120 Stimmen.

Damit stellt die CDU in keiner einzigen hessischen Großstadt mehr den Oberbürgermeister. Beide Kandidaten hatten mit diesem Ergebnis nicht gerechnet und zeigten sich entsprechend überrascht, niedergeschlagen der eine, euphorisch der andere. Und als er im Rathaus auf einen Tisch sprang und jubelnd die Arme reckte, stieß Gerich mit den Fäusten an die Decke.

Geht es noch höher hinaus? Ist der Wechsel in der Landeshauptstadt ein Signal für die Landtagswahl im September? Dazu haben Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel und Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier naturgemäß unterschiedliche Ansichten.

Im CDU-Lager sah man am Wahlabend viele lange Gesichter, und das längste gehörte Familienministerin Kristina Schröder, die Müller unterstützt hatte: „Wir übergeben ein bestelltes Haus“, ließ die düpierte Wiesbadenerin über Facebook verbreiten.

"Ein Abend, der weh tut."

Volker Bouffier erklärte am Sonntag: „Reden wir nicht drumrum: Das ist ein Abend, der weh tut. Das ist bitter für den Helmut Müller, das ist bitter für die Union.“ Der sei es nicht gelungen, die Bürger zu überzeugen, „dass Helmut Müller die herausragend gute Wahl war“. Für die Landtags- und Bundestagswahl dürfe daraus aber „nicht zu viel und nicht zu wenig abgeleitet werden“.

Schäfer-Gümbel nannte das Ergebnis von Wiesbaden einen „unendlichen Motivationsschub“. Tatsächlich war die Wahl des SPDlers auch eine Abwahl des CDU-Bürgermeisters, dessen Politik der Privatisierungen zahlreiche öffentliche Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen hatte. Gerich hatte betont: „Die Stadt ist kein Konzern, die Stadt ist ein Gemeinwesen.“

Damit lag er ganz auf Linie des Landesvorsitzenden, der im September ebenfalls mit der Forderung nach „mehr sozialer Gerechtigkeit“ eine rot-grüne Mehrheit erreichen will – laut Umfragen stehen die Chancen dafür derzeit nicht schlecht.

Den Nachteil, mit dem Charisma einer Büroklammer gesegnet zu sein, wird Schäfer-Gümbel mit einem Wahlkampf nach US-Vorbild auszugleichen versuchen. Zu beobachten war das auf dem SPD-Landesparteitag am Samstag in Hanau, der wie ein lockeres Town Hall Meeting inszeniert war, mit einem Redner in der Mitte der Arena und vielen bunten „Wechsel“-Wimpeln. Gewählt wird dann aber kein Gesicht, sondern eine Politik.

Gelingen wird der Wechsel deshalb nur, wenn die SPD bei Themen Akzente setzt – etwa in der Bildungspolitik oder bei der Finanzierung der Kommunen. Wichtig wird auch der Umgang mit dem wirtschaftlich bedeutenden Frankfurter Flughafen, unter dessen Lärm fast 8 Prozent aller Hessen zu leiden haben. Beim Spagat zwischen beiden Interessen hat Schäfer-Gümbel bisher keine gute Figur gemacht.

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2 Kommentare

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  • C
    carla

    Einerlei wer gewinnt, die nächsten Torturen

    ob von CDU oder SPD sind schon wieder ausgemacht.

    Die verdorbene Suppe wird eben halt abwechselnd

    hineingezwungen.

    In wesentlichen Punkte sind sich die

    SPD/CDU/GRÜNEN/FDP so und so einig.

    Das Wahlverhalten in den Städten bei der irregulären

    Zuwanderung war auch für die CDU vorhersehbar.

    Zuviel Imageverlust ist halt auch für die CDU

    nicht verkraftbar, deshalb soll es nun die

    SPD richten, deshalb wird versprochen auf Teufel

    komm raus!

  • HJ
    Hessie James

    In Wiesbaden regiert eine Koalition aus CDU und SPD. Der Oberbürgermeister ist nach der hessischen Kommunalverfassung ein besserer Frühstücksdirektor, der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung umsetzen muss. Nur in Personalfragen hat der Bürgermeister ein Direktionsrecht. Und nicht zu vergessen: Die Wahlbeteiligung lag bei 34,1 Prozent. Das heißt, dass zwei Drittel der rund 205.000 Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht keinen Gebrauch gemacht haben.