piwik no script img

Nur noch Grüne gegen Räumung

■ Bürgerschaft will heute Abriß des Frauenprojekts Buntentor beschließen / Gegendemonstration

Das Ende des Frauenprojekts im besetzten Buntentorsteinweg 372 rückt näher. Während heute ab 17 Uhr eine Demonstration vom Weidedamm über den Marktplatz ins Viertel gegen die Räumung protestieren wird, steht in der Bürgerschaft ein Antrag des Petitionsausschusses zur Abstimmung, in dem der Senat aufgefordert wird, „alle ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die ... Abrißgenehmigung unmittelbar nach der Hausräumung zu vollziehen“. CDU, SPD und FDP haben im Petitionsausschuß für diesen Antrag gestimmt, und gestern hat sich auch die SPD-Fraktion insgesamt auf eine Zustimmung festgelegt.

Lediglich die Grünen wollen noch um das besetzte Haus kämpfen. Christine Bernbacher, grünes Mitglied im Petitionsausschuß, hat gegen den Antrag gestimmt. Allerdings nur, um die Tür für eine friedliche Lösung nicht jetzt schon zuzuschlagen. Die Position der Nachbarn des Frauenprojektes, die die Petition auf Räumung eingereicht hatten, könne sie aber „verstehen“, sagte sie gestern auf Anfrage, da sich die Frauen nicht „an die Regeln nachbarschaftlichen Zusammenlebens“ halten würden: „Wenn die Nachbarn pingelige Spießer sind, dann müssen die Besetzerinnen das genauso akzeptieren, wie sie erwarten, daß ihre Lebensform akzeptiert wird.“

Die Nachbarn des seit Jahren besetzten Hauses hatten sich vor allem über ruhestörenden Lärm durch nächtliche Musikveranstaltungen und den Rauch aus den Heizungen von bewohnten Bauwagen auf dem Gelände beschwert – für Stadtentwicklungs-Senator Ralf Fücks ein Nachbarschaftskonflikt, der jetzt von beiden Seiten zu einem „Kulturkampf“ hochstilisiert werde. Fücks: „Aber mit dieser Position stehen wir allein.“

Gestern nachmittag hatten die Grünen noch nicht entschieden, ob sie die Räumungsfrage zum Koalitionskonflikt machen wollen. Auf jeden Fall wollen sie aber eine Räumung verhindern, bevor das Landgericht über den Fall abschließend entschieden hat. Mit etwas Glück bleibt den Grünen der Konflikt heute noch einmal erspart. Denn der Tagesordnungspunkt Petitionsbericht ist so weit nach hinten gerutscht, daß er womöglich gar nicht mehr behandelt werden kann. Eine Parlamentsentscheidung über die Räumungsfrage wäre dann erst wieder nach der Sommerpause möglich.

Darauf hofft auch Ursel Kerstein. Die frühere Leiterin der Frauen-Gleichstellungsstelle hat in den letzten Tagen noch einmal intensiv nach einem Ausweg für das Frauenprojekt gesucht. Nicht im offiziellen, wohl aber im inoffiziellen Auftrag des Senats hat sie sowohl mit den Besetzerinnen als auch mit den zuständigen Behörden gesprochen. „Es sieht nicht gut aus“, war gestern allerdings auch ihr vorläufiges Fazit.

Von allen Seiten sei ihr versichert worden, daß es eine „intensive Suche“ nach einem Alternativstandort für das Frauenprojekt gegeben habe. Herausgekommen war jedoch lediglich ein Angebot in Huchting, das die Frauen abgelehnt haben, weil dort zwar alle 12 Besetzerinnen eine Wohnung hätten finden können, für die angeschlossenen Ateliers, die Fahrradwerkstatt und die Musikveranstaltungen aber kein Platz gewesen wäre. Ase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen