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Nur eine kleine Wende

■ Ministerpräsident Gies denunziert sich einen Parlamentssitz frei

Nur eine kleine Wende Ministerpräsident Gies denunziert sich einen Parlamentssitz frei

Ein Novum in der Parlamentsgeschichte Ost: Da macht ein Ministerpräsident und CDU- Landeschef reinen Tisch mit belasteten Mandatsträgern, profiliert sich im Interesse einer integren Volksvertretung als Stasi-Jäger in der eigenen Partei und bewegt drei Abgeordnete zum Rücktritt noch bevor die einschlägigen Beschuldigungen öffentlich werden. So besehen könnte man meinen, Gerd Gies habe in Sachsen-Anhalt das Signal geben wollen für die zweite, die echte Wende der ehemaligen Blockpartei. Doch nachdem jetzt zäh die Hintergründe der Magdeburger Vergangenheitsbewältigung ans Licht kommen, wird es wohl doch nur zur kleinen Wende, dem Knick in der steilen Karriere des Gerd Gies reichen. Der hatte nicht nur von der Gauck-Behörde belastete, sondern gleich auch unbelastete, aber eben unliebsame innerparteiliche Konkurrenten mit dem brisanten Stasi- Vorwurf ins politische Aus manövrieren wollen. Einer der freidenunzierten Parlamentssitze fiel — gelungene Koinzidenz — an Gies, der bei den Landtagswahlen ohne Mandat geblieben war.

Das Novum an der Affäre ist zweifellos die demonstrierte Rücksichtslosigkeit der Intrige, die Instrumentalisierung des Stasi-Vorwurfs im parteiinternen Konkurrenzkampf. Ansonsten aber reiht sich der langjährige CDU-Kreisvorsitzende bruchlos in die Kette dubioser Politiker — Kirchner, Diestel, Reichenbach, Krause... —, die den fulminanten Wechsel der opportunistischen Blockpartner in die demokratische Ära begleiten. Keine gewagte Prognose, daß Gies nicht den letzten Skandal der Ost-CDU markieren wird. Denn jenseits persönlicher Unzulänglichkeiten einzelner, für die die neue Demokratie in erster Linie neue Karrieremuster eröffnet, sind die Affären unvermeidliche Symptome, skurrile, verquere Indizien einer gigantisch-selbstgerechten Verdrängungsleistung, an denen sich die Unaufrichtigkeit des bruchlosen Wechsels immer wieder verrät.

Spätestens hier beginnt die Verantwortung der CDU West. Allein ihre Angst vor dem Wahlfiasko im Osten eröffnete seinerzeit der Block-CDU die prekäre Chance, die langjährige Verstrickung in Widerstand umzumünzen und sich als demokratische Alternative zu den Neugründungen erfolgreich zu etablieren. Doch die Wahlerfolge des Einheitsjahres verwandeln sich angesichts der Ostskandale nicht nur zu Belastungen für die Gesamtpartei; sie bedrohen zugleich die Glaubwürdigkeit des parlamentarischen Systems in den neuen Ländern. Mit den Gies', Gomolkas und Duchac' jedenfalls wird die nicht zu erreichen sein. Matthias Geis

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