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Nur Parolen

KOMMENTAR

Nur Parolen

Da fordert einer der verheerendsten Bürgerkriege den Europa in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, täglich hunderte Menschenleben. Da soll die Bundeswehr von einer Armee mit Verteidigungsauftrag zur mobilen Eingreiftruppe umgeschult werden. Da liefert der Einmarsch der Armenier in Aserbaidschan einen weiteren bitteren Vorgeschmack darauf, welche militärischen Konflikte der Zerfall der Sowjetunion noch nach sich ziehen dürfte. Beste Voraussetzungen also für eine Revitalisierung der Friedensbewegung. Doch das traurige Häufchen der Hamburger Ostermarschierer verweist einmal mehr darauf, daß diese sich aus der aktuellen Diskussion verabschiedet hat.

Die Beendigung des absurden Ost-West-Wettrüstens hat der Friedensbewegung ihre klaren Weltbilder und eindeutigen Parolen à la „Frieden schaffen ohne Waffen“ genommen. Da der Minimalkonsens nicht mehr beliebig einfach herstellbar ist, gerät die einstige Massenbewegung ins Straucheln. Denn der ethnische Vernichtungsfeldzug der Serben in Bosnien-Herzegowina läßt sich nicht mit platten Parolen lösen. Die Antwort aber, wie dort Frieden ohne Waffen geschaffen werden soll, kann auch die Friedensbewegung nicht geben. Sie wird erst wieder an Stärke gewinnen, wenn sie bereit ist, eine sich verändernde Weltlage zu analysieren, statt die Probleme von heute allein mit den griffigen Slogans von gestern lösen zu wollen. Marco Carini

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