: Nur Effenberg fehlt nicht mehr hinten und vorne
■ Bayern München kann beim 2:1 in Duisburg kaum überzeugen, aber gewinnen
Duisburg (taz) – Er ist wieder da. Das sorgt für Emotionen beim Publikum, für Emotionen auf dem Platz – und für Siege. Fast ist es eine gespenstische Abhängigkeit: Zwar verliert der FC Bayern manchmal selbst mit Stefan Effenberg, aber ohne ihn hat es in dieser und in der letzten Saison nicht einen einzigen Sieg gegeben. Effenbergs Kurzeinsatz gegen Unterhaching vor zwei Wochen bescherte Bayern den ersten Saisonerfolg. In Duisburg spielte Effenberg erstmals von Anfang an und über die volle Distanz. Das Resultat: Bayern gewann 2:1.
Also, alles klar, alles wieder gut beim FC Bayern München, jetzt wo der Denker und Lenker wieder denkt und lenkt? Als „Standortbestimmung“ hatte Trainer Ottmar Hitzfeld das Spiel angekündigt, obwohl oder vielleicht gerade weil ihm zwar Effenberg wieder zur Verfügung stand, aber ein halbes Dutzend um den Chef herum zu gruppierender Spieler verletzt (Kahn, Babbel, Basler, Zickler, Kuffour, Scheuer) oder müde (Lizarazu) fehlte. Der fitte Rest war – da es sich um den FC Bayern handelt – immer noch eine nominell erstklassige Formation. Die allerdings nur in den Anfangsminuten ein schwungvolles Spiel aufzog, das in Tarnats „sensationellen“ (Hitzfeld) Freistoßtreffer zum 0:1 mündete. Dann spielte sie den Rest der Halbzeit „abgezockt“ (Effenberg), was sich in Linkes Kopfballtreffer nach Ecke von Strunz spiegelte. Man sieht: Es waren keine von Effenberg oder irgendwem herausgespielten, sondern Tore nach Standardsituationen.
Spätestens nach einer Stunde wirkte Bayern nicht mehr souverän, sondern fast stehend k.o. Nun, es war brütend heiß, aber das war es auch für die Duisburger. Die jedoch kamen erst im letzten Drittel richtig in Schwung, nachdem Osthoff cool den Anschlusstreffer erzielt hatte. Plötzlich war es vorbei mit der komatösen Stimmung, die sich auf beiden Seiten eingeschlichen hatte, weil Duisburg seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gegen diesen Gast gewonnen hatte und Bayern ja schon wieder führte. Nun hatten die Duisburger es mehrfach auf dem Fuß, vergaben im Angesicht einer mitunter frappierend leicht auszuspielenden Münchner Abwehr aber ihre Chancen. „Wie so oft“, sagte Duisburgs Trainer Friedhelm Funkel, „haben wir gegen den FC Bayern gut gespielt und verloren.“
Ottmar Hitzfeld mochte den Sieg auch nicht hochjubeln: „Ich glaube, dass wir das nötige Glück brauchten, um das Spiel über die Runden zu bringen.“ Seine Mannschaft hatte in der zweiten Hälfte nur noch eine einzige bemerkenswerte Tormöglichkeit: Santa Cruz scheiterte im Alleingang an Ersatztorwart Menger. Es wäre das 0:3 gewesen. „Das hätten wir machen müssen“, mäkelte Effenberg, denn im Gegenzug fiel das 1:2, das nach Kapitäns-Analyse nur „unnötige Hektik brachte“.
Wie Effenberg das sagte, als er frisch geduscht und im Vereinszwirn den Arbeitstag beendete, klang es, als seien dieses Spiel und seine finale Zuspitzung eine lästige Angelegenheit gewesen, über die man nicht weiter reden sollte. Außer vielleicht über Effenberg selbst. Er ließ sich also bereitwillig loben, der beste Mann auf dem Platz gewesen zu sein: die meisten Schüsse aufs Tor, die meisten Vorlagen, die meisten Ballkontakte. Uli Hoeneß konnte die Statistik nicht blenden. Der Manager war nachhaltig besorgt: „Das Ergebnis ist okay, aber spielerisch fehlt es hinten und vorne.“ Nach der Niederlage in Leverkusen hatte Hoeneß noch beklagt, Effenberg fehle „hinten und vorne“.
Nun ist der Spielgestalter wieder da, aber der Manager muss sich weiter gedulden, wenn es ihm um schöne und nicht um Arbeitssiege geht. Er weiß es selbst: „Effenberg kann nur fit werden, wenn er Spielpraxis hat.“ Dieser Prozess soll, hofft Hoeneß, in „zwei, drei Wochen“ abgeschlossen sein. Nur beginnt schon Mittwoch die Champions League. Und der erste Gast aus Eindhoven geht womöglich weniger respektvoll mit der schwächelnden Meistermannschaft um als der MSV Duisburg. Aber jetzt ist ja Effenberg wieder da. Und alles wird wieder gut. Denn Effenberg weiß, wie es geht. Nämlich ganz einfach: „Wir müssen uns steigern.“
Katrin Weber-Klüver
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