: Nun darf der Sohn ran
■ Der neue „Große Führer“ Kim Jong Il
Er ist pummelig, trägt Plateausohlen, liebt ausländische Filme und schöne Frauen. Sein Konterfei hängt neben dem seines Vaters in allen Schulen und öffentlichen Gebäuden. Sonst weiß man wenig über den 52jährigen Kim Jong Il, der die Nachfolge seines übermächtigen Vaters in Nordkorea antritt.
Daß er neuer Präsident und Führer seines Landes ist, wurde spätestens Samstag klar: Da nannten ihn die Medien seines Landes zum ersten Mal nicht mehr „Geliebter Führer“, sondern „Großer Führer“ – dieser Titel war zuvor seinem Vater vorbehalten.
Bereits vor zwei Jahren war der Sohn des Staatschefs zur Nummer zwei in der Parteihierarchie des Landes aufgestiegen. Neben Verteidigungsminister U Jin Oh wurde ihm der Titel des Marschalls verliehen und der Oberbefehl über die 1,1 Millionen starke Armee anvertraut. Wie weit er in den letzten Jahren die Politik seines Landes wirklich bestimmt hat, ist nicht klar: Als auf dem Höhepunkt des internationalen Konfliktes über die Kontrolle des nordkoreanischen Atomprogramms die Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurden, zeichnete Kim Jong Il dafür verantwortlich. Allerdings wurde er beim Besuch von Jimmy Carter im Juni nicht im Kreis der Offiziellen um Kim Il Sung entdeckt. Auf Gruppenfotos wurde dagegen seine Stiefmutter Kim Song Ae gesehen, die mehrere politische Ämter innehat. Ist sie einflußreicher als der „Geliebte Führer“, wie der jüngere Kim bislang offiziell genannt werden mußte?
Kim Jong Il soll dem Mythos zufolge am 16. Februar 1942 in einem antijapanischen Widerstandslager auf dem Revolutionären Heiligen Berg Paektu in Korea geboren sein. Nach Ansicht westlicher Experten lag sein Geburtsort in Sibirien. Die Legende will es, daß er im Alter von acht Jahren seinen Vater vor „konterrevolutionärer Verschwörung“ rettete. Kim Jong Il wurde als „Wirtschaftsexperte“ in der ehemaligen DDR ausgebildet, bevor er 1964 ins Zentralkomitee in Pjöngjang aufgenommen wurde. Kim Jong Il soll das Bombenattentat auf die südkoreanische Regierung im Jahre 1983 in Rangun geplant haben, ebenso den Anschlag auf ein südkoreanisches Verkehrsflugzeug, bei dem 1987 115 Menschen starben. dpa/AFP/li
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