Notunterkunft für Flüchtlinge in Berlin: Deutsch lernen schwer gemacht
Eine Initiative, die Deutschkurse anbietet, darf das in der Notunterkunft in Grünau nicht mehr tun
Fast ein Jahr lang hat der Verein Multitude einen regelmäßigen Deutschkurs für die BewohnerInnen der Flüchtlingsnotunterkunft in Grünau organisiert. Damit ist es vorbei: Vor einigen Wochen untersagte die Heimleitung dem Verein diese ehrenamtliche Tätigkeit.
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten und MigrantInnen zu ermöglichen und zu unterstützen“, beschreibt Petra Meinert die Motivation der Initiative, die vor mehr als elf Jahren von Studierenden gegründet wurde. In verschiedenen Berliner Heimen organisieren die Mitglieder Deutschkurse, die bei den Geflüchteten gut aufgenommen wurden.
Auch die Betreiber der Notunterkunft in Grünau, die private Firma PeWoBe, sei anfangs kooperativ gewesen, so Meinert. Der Heimleiter habe sogar angeboten, zusätzliche Tische und Stühle zu besorgen. Die freundschaftliche Atmosphäre habe sich aber geändert, als Multitude Kritik übte. „Bei einem Treffen des Runden Tisches Grünau haben wir Missstände im Heim angesprochen, die wir bei Gesprächen mit den Geflüchteten erfahren haben“, erklärt Meinert gegenüber der taz. So gebe es für die 142 BewohnerInnen nur sechs Duschen, und der einzige Gemeinschaftsraum sei nicht nutzbar gewesen, weil er als Schlafraum umfunktioniert wurde wurde. Das Spielzimmer sei oft verschlossen gewesen, die Küche nachts nicht zugänglich.
Ein Heimbewohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bekräftigt die Kritik gegenüber der taz. Er fühle sich überwacht und kontrolliert. Mit einigen Männern vom Wachpersonal habe er sich gut verstanden und öfter unterhalten. „Das hat die Heimleitung mitbekommen und verboten.“ Die Sprachprobleme würden die Isolation verstärken, weshalb er den Deutschkurs von Multitude als Geschenk empfunden habe. Bis heute könne er nicht verstehen, warum das untersagt worden sei.
Die PeWoBe wollte auf Anfrage keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. In einem der taz vorliegenden Schreiben des Heimleiters Michael Grunewald heißt es über Multitude: „Die Gruppe wurde durch Heimleitung und Sozialdienst aufgefordert, sich nicht ohne Absprache in die Sozialarbeit des Wohnheims einzumischen. Leider haben sich einzelne nicht daran gehalten.“ Ein Hausverbot sei aber nicht ausgesprochen worden, Besuche blieben weiterhin möglich.
Die von Multitude genannten Kritikpunkte werden von Grunewald teilweise bestätigt. „Die Aufenthaltsdauer der Asylsuchenden bei uns verlängert sich, weil es nicht genug alternativen Wohnraum gibt. Aufgrund der Anordnung des Landesamtes für Gesundheit und Soziales mussten wir eine Notbelegung durchführen“.
Dass die Kinder das Spielzimmer nur betreten können, wenn eine Betreuerin anwesend ist, hält Grunewald aus pädagogischen Gründen für erforderlich. Die Küche werde nachts im Interesse der Nachtruhe geschlossen. Viele der Geflüchteten würden diese Maßnahmen aber eher als Bevormundung empfinden, erklärt Meinert.
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