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Notizen aus der PampaLeibesübler trotzen Pommernpunsch on the Rocks und Mecklenburgs Wölfen

Pampa (taz) – Die sonntägliche Mittagsdämmerung bricht schon herein, da hält ein ungütiges Schicksal die nächste böse Überraschung für die Verfemten aus der Leibesübungen-Redaktion parat: das Bezirksliga-Spitzenspiel zwischen SV Viktoria Salow und Zickezacke Zirzow wird kurzfristig abgesagt. Bekanntlich existiert eine Regel im vorpommerschen Fußball, die besagt, dass der Schiedsrichter die Partie nicht anpfeifen darf, wenn er von der Mittellinie aus Eiszapfen an den Nasen beider Torhüter erkennen kann.

Zum Trost gibt es in der Kneipe „Zur Kneipe“ ein zünftiges Bankett, bei dem zu Pommernpunsch on the Rocks Eisvogelbrüstchen mit tiefgefrorenen Pommes serviert wird. „So lässt sich leben“, stammelt Redakteur Müllender, während er sich letzte Frostkrümel aus dem sieben Tage alten Dreitagebart zupft.

Für grimmige Heiterkeit sorgt ein Undercover-Anruf in der Heimatredaktion. Autor Kuhlbrodt behauptet allen Ernstes in einem Beitrag für den Lokalteil, er habe Redakteur Lieske „melancholisch“ und „in einem weinroten Pullover“ bei der weihnachtlichen Betriebsfeier der taz in Berlin erblickt. „Ich wünschte, ich hätte einen“ (weinroten Pullover), sagt Lieske verträumt und stellt sich melancholisch vor, wie es gewesen wäre, den Freitagabend gemütlich bei Speis und Trank im Kreise der Kollegenschaft zu verbringen, anstatt sich die ganze Nacht, mit Kollege Müllender um ein Feuerzeugfeuer geschart, den Attacken mecklenburgischer Wölfe und Skinheads erwehren zu müssen.

Ausreichend gelabt, gestärkt und verfröstelt, wird das nächste Ziel in Angriff genommen: die geheime und widerrechtliche Begutachtung des Bundesligaspiels Hansa Rostock – Schalke 04. Am Ostseestadion wartet jedoch die nächste Hiobsbotschaft. Nicht nur die vorsorglich bestellten Pressekarten sind von der heimischen Chefredaktion storniert worden, auch der Versuch, käuflich Tickets zu erwerben, scheitert. An den Schaltern liegen exakte Personenbeschreibungen vor, mit der Order, „diesen Individuen“ auf keinen Fall Karten auszuhändigen. „Die haben an alles gedacht“, brummelt Redakteur Müllender enttäuscht in seinen Dreieinhalbtagebart.

Bleibt also nur die Fernsehübertragung des Dortmund-Hertha-Spiels in der Warnemünder Kneipe „Zur gesunkenen Kogge“ mit anschließender Übernachtung in den nahe gelegenen Dünen. Der Verzehr der letzten mitgebrachten Pommernpunsch-Vorräte beschließt einen harten Tag, dem ein noch härterer folgen wird.

Montag, 4.10 Uhr. Der Bummelzug gen Westen steht abfahrbereit am Bahnhof Warnemünde-Werft. Die Odyssee der exilierten Leibesübler geht weiter. „Nach Ostfriesland!“, ruft Müllender euphorisch. „Nach Ostfriesland?“, echot Lieske schon etwas zaghafter. müll/Matti

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