Nordkorea droht Süd-Medien mit Raketen: PR des Schreckens
Nordkoreanische Generäle drohen routiniert martialisch mit Raketenangriff auf südkoreanische Medien. Neu dabei ist die Erfindung des „offenen Ultimatums“.
Nordkoreas Regime, das sich im Dauerkrieg mit dem US-Imperialismus und seinen südkoreanischen Lakaien wähnt, ist für den rhetorischen Overkill seiner Propaganda weltbekannt. So wie Nordkoreas stalinistisches Regime seinen eigenen Potentaten Kim I, II, und III immer wieder geradezu göttliche Fähigkeiten zuschreibt, wird dem verfeindeten kapitalistischen Südkorea schon mal mit einem „heiligen Krieg“ oder der „Verwandlung in ein Flammenmeer“ gedroht – auch aus innenpolitischen Gründen, um hohe Militärausgaben oder die strenge Ausrichtung auf seine Führungsdynastie zu rechtfertigen und von der eigenen Misswirtschaft abzulenken.
Das Problem mit Nordkoreas martialischen Drohungen ist nur, dass sie sich irgendwann abnutzen und ihren Schrecken verlieren, wenn erst ein Gewöhnungseffekt eintritt und sie sich nur allzu oft als hohl erweisen. Doch probiert Pjöngjang eine neue PR-Variante des Schreckens: Am Montag drohte Nordkoreas Generalstab südkoreanischen Medien mit gezielten Raketenangriffen auf deren Zentralredaktionen.
Denn diese hätten es doch tatsächlich gewagt, eine Massenveranstaltung der (nord-)„Koreanischen Kinder Union“, bei der 20.000 Jungen und Mädchen dem neuen Machthaber Kim Jong Un ihre Gefolgschaft gelobten, als Propagandaveranstaltung zu bezeichnen.
Um die Drohung der Generäle zu untermauern, veröffentlichte die nördliche Agentur KCNA jetzt auch die zur Programmierung der Raketen notwendigen Zielkoordinaten. Das wurde mit einem „offenen Ultimatum“ verbunden, bei dem es sich offenbar um eine einzigartige nordkoreanische Erfindung handelt.
Im Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen belegt Nordkorea hinter Eritrea den vorletzten Platz. Mit dieser außergewöhnlichen Liebeserklärung an Südkoreas Medien dürfte Pjöngjang bald Weltspitze sein.
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