Nordirlands Superman: Der Mythos Will Grigg
La Kolumne Johannes Kopp
Hauptsache, Will spielt heute! Der Brexit war gestern. Oder vorgestern? Egal, die vier nordirischen Fans, die auf dem Weg in den Parc des Princes sind, können sich schon nicht mehr so genau erinnern. Blöde Sache, irgendwie. Vielleicht aber auch nicht. Wer weiß das schon? Sie tun sich schwer mit Einschätzungen. Fuck off!
Ihre Agenda dagegen ist glasklar: Ihr Liebling muss gegen Wales endlich auf den Platz: „Will Grigg’s on fire.“ Das Lied, das die grünweißen Anhänger dem ehemaligen Postboten und Drittligastürmer gewidmet haben, wird längst in den gegnerischen Lagern gesungen. Mats Hummels bettelte gar erfolgreich um sein Trikot.
Der Mann ist ein Mythos. Er ist und bleibt es umso mehr, weil er wie im ganzen Turnier auch an diesem Tag keine Minute spielt. Das Ausscheiden seines Teams im Achtelfinale gegen Wales kann daran nichts ändern. Von diesem Mann wird man noch lange sprechen.
Will ist der erste europäische Fußballstar, der allein der Fantasie der Fans entsprang. Die nordirischen Anhänger versichern mir: „Er ist großartig, du solltest ihn mal spielen sehen.“
Bei dieser Europameisterschaft bleibt er das ewige Versprechen. Und auch an diesem Tag, am dem der Fußball im Parc des Princes einer seiner langweiligsten Geschichten schreibt, ist eigentlich nur eines lebendig: die Hoffnung, mit Will Grigg könnte alles besser werden.
Der Mann hat sich als einziger bereits für das nächste große Turnier qualifiziert. Auf dem Nachhauseweg erklärt mir ein Fan von der Insel, bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland werde Grigg spätestens zeigen, was er so draufhat. Jede Nationalmannschaft der Welt, denke ich, könnte sich glücklich schätzen, wenn sie einen Will Grigg in ihren Reihen hätte.
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