piwik no script img

■ Nordirland: Sinn Féin erstmals gleichberechtigter PartnerSchwierige Tischgespräche

Sinn Féin darf am runden Tisch über die Zukunft Nordirlands mitreden. Soweit, so gut. Doch wie werden sich die Unionisten entscheiden? Pfarrer Ian Paisley von der Democratic Unionist Party und Robert McCartney von der UK Unionist Party bleiben zunächst fern, das war zu erwarten. Ihre WählerInnen sind fest in der „Not an inch“-Mentalität verhaftet, jener protestantischen Überlegenheitsideologie, die keinen Fußbreit Boden freiwillig preisgibt. Dafür nehmen sie auch weitere 30 Jahre Krieg in Kauf.

Für die größere Ulster Unionist Party (UUP) ist die Lage schwieriger. Auch in ihren Reihen gibt es Leute, die den liebgewonnenen Status quo auf Biegen und Brechen beibehalten wollen, doch eine ganze Reihe ihrer WählerInnen und Mitglieder weiß, daß dieser nicht mehr im Angebot ist. Also gilt es, bei den Verhandlungen dabeizusein und das Schlimmste zu verhüten. Bei einigen spielt wohl auch die Überlegung eine Rolle, durch Verzögerungstaktik und Obstruktionspolitik die IRA wieder an die Waffen treiben und den Schwarzen Peter damit loswerden zu können.

David Trimble steht vor der fast unlösbaren Aufgabe, all das unter einen Hut zu bringen. Bevor er vor zwei Jahren zum UUP-Parteivorsitzenden gewählt wurde, hatte er es einfacher. Er war Hardliner, stand auf den Barrikaden von Portadown, als die Polizei eine Parade des protestantischen Oranier-Ordens blockierte, und fand sich aufgrund seiner kompromißlosen Haltung plötzlich als Parteichef wieder.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Oranier- Orden, in dem auch viele UUP-Mitglieder organisiert sind, hat seine Taktik geändert: Im Juli hat er mehrere umstrittene Paraden durch katholische Wohngebiete abgesagt. Die Führung des Ordens setzt nun vorerst auf Verständigung, und das könnte Trimble zum Verhängnis werden. Die Hardliner in der eigenen Partei fühlen sich von ihm verraten, und den gemäßigteren Parteigängern war er ohnehin stets suspekt.

Trimbles Drahtseilakt verheißt nichts Gutes für die Verhandlungen, die Mitte September beginnen. Er wird wohl auf einem Kompromiß bestehen: Seine Delegation wird formal an den Gesprächen teilnehmen, aber nicht im selben Raum wie seine Erzfeinde von Sinn Féin sitzen. Eine Mittelsperson muß dann ständig hin- und herlaufen und die Botschaften überbringen. Das würde die Angelegenheit zur Farce machen. Genau das wäre wohl das Beste, was Trimble sich erhoffen kann. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen