Norddeutsche Filmförderung: Niedersachsen liebt Exotik
Die Doku-Reihe „Geheimnisse Asiens – Die schönsten Nationalparks“ läuft in dieser Woche auf Arte an - kofinanziert von Nordmedia.
HANNOVER taz | Königstiger in Indien, Vulkane in Japan und Korallenriffe in Malaysia haben wenig mit Niedersachsen zu tun und weder die Autoren noch die Regisseure sind aus der Region. Da kann man sich dann schon fragen, warum die Naturdokumentationen „Geheimnisse Asiens – Die schönsten Nationalparks“ von der niedersächsisch-bremischen Filmförderanstalt Nordmedia gefördert wurde.
Der Hauptgrund dafür ist sicherlich die enge Bindung der Förderanstalt zum NDR, denn dessen Redaktion „Länder, Menschen, Abenteuer“ produziert die fünfteilige Serie gemeinsam mit privaten Produktionsfirmen und Arte. Einige asiatische Fernsehanstalten beteiligten sich an der Finanzierung, aber ohne einen Hauptförderer in Deutschland wäre das Projekt nicht möglich gewesen.
Es war von Anfang an als ein ehrgeiziges Projekt konzipiert, das auf der Ebene der angelsächsischen Marktführer BBC und National Geografics bestehen sollte. Die Produzenten selber sprechen von deren „Hochglanzaspekt“.
Nun ist es nicht unbedingt nötig, dass eine inhaltliche Verbindung zwischen dem Förderland und dem Film besteht. Stattdessen können sogenannte „Kreativleistungen“ erbracht werden. So erklärt es sich etwa, dass in einer schwedischen Krimiserie der deutsche Schauspieler Hans Zischler einen Gerichtsmediziner spielte.
Bei „Geheimnisse Asiens“ drehte der norddeutsche Kameramann Malte Ebers drei Folgen und die Filmmusik wurde von dem in Niedersachsen lebenden Robert Papst komponiert und eingespielt. Es wurden so viele Gewerke wie möglich aus der Region in die Produktion einbezogen, und so wurde der größte Teil der Postproduktion wie Schnitt, Spezialeffekte und Tonabmischung in Hannover gefertigt.
Es gibt bei solchen Koproduktionen eine Faustregel, nach der mindestens das 2,2-fache der Fördersumme wieder im Förderland ausgegeben werden sollte. Nach der Aussage des Produzenten Ulli Pfau konnte dieser Wert hier nicht ganz erreicht werden, denn teuer an dieser Art von Dokumentationen ist natürlich die Arbeit vor Ort.
Aber es sollten auch ästhetische Kriterien bei der Entscheidung für die Förderung eines Projekts eine Rolle spielen, und so dürfte die gute Grundidee des Projekts das Fördergremium überzeugt haben. Denn während es Hunderte von Naturfilmen aus den Nationalparks von Afrika, Nord- und Südamerika, Australien und Neuseeland gibt, ist Asien in diesem Aspekt noch weithin Neuland. Dabei wurde in der Mongolei schon 1778, also lange vor Yellow Stone in den Vereinigten Staaten, der weltweit erste Nationalpark Bogd Khan gegründet.
Ein Grund dafür, warum asiatische Nationalparks bisher nicht so attraktiv für Filmteams waren, liegt darin, dass sie nur selten aus unberührter Natur bestehen. In ihnen ist die Verbindung zwischen Mensch und Natur meist enger und komplexer, und dementsprechend ist „Geheimnisse Asiens“ auch nicht als eine Reihe von reinen Naturfilmen konzipiert, sondern als eine Hybridform von Naturaufnahmen und Porträts von dort lebenden Menschen.
Es sollen „in farbenprächtigen Bildern spannende Geschichten“ erzählt werden, und in den verschiedenen Folgen konnte eine große Bandbreite an Landschaften, Lebensräumen und Kulturen abgedeckt werden. So wurde in den Wäldern und Sumpfgebieten des Kaziranga Nationalparks im ostindischen Assam gedreht, im Dschungel des Khao Sok Nationalparks in Thailand, in den Bergen der chinesischen Provinz Anhui und bei den Vulkanen auf der japanischen Insel Kyushu.
In der Folge „Malaysias Meeresparadies“, die am kommenden Montag um 19.30 Uhr auf Arte und im nächsten Januar im NDR Fernsehen ausgestrahlt wird, wurde das Konzept stimmig und variantenreich umgesetzt. Gedreht wurde im Meerespark Tun Sakaran, der vor der Küste Borneos liegt und eines der weltweit artenreichsten Riffgebiete umfasst. Er ist erst vor einigen Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt worden, und die Menschen, die dort vom Fischfang und dem Sammeln von Meeresfrüchten leben, müssen sich auf Sperrgebiete und Fangverbote neu einstellen.
Viele Familien leben in hölzernen Pfahlbauten auf dem Wasser und beziehen den größten Teil ihrer Nahrung aus dem Meer. Für sie sind die neuen Beschränkungen besonders hart und der Film zeigt, wie einige von ihnen versuchen, diese Krise zu bewältigen.
In einer Familie fährt die Ehefrau mit einem kleinen Motorboot übers offene Meer zu den Philippinen, um dort nach einer besonderen Muschelart zu suchen, deren Fleisch als Delikatesse gut bezahlt wird. Piraten, die philippinische Küstenwacht und der nahende Monsun mit seinen Sturmwinden machen diese Reise zu einem gefährlichen Abenteuer – zumindest inszeniert die australische Regisseurin Ruth Berry sie so mit kleinen dramaturgischen Tricks wie sorgenvollen Gesichtern, drohenden Wolken und düsterer Filmmusik.
Ähnlich bangen soll der Zuschauer auch um eine weibliche Riesenschildkröte, die zuerst beim Begatten im Meer mit möglichst vielen Schildkrötenmännchen gezeigt wird, und sich dann auf den Weg zu ihrer Geburtsinsel macht, um dort am Strand ihre Eier zu legen. Sie droht im Netz von Thunfischfängern zu verenden und sich unter Wasser in einer labyrinthischen Höhle zu verirren, aber schließlich erreicht sie ihr Ziel und zuletzt sieht man, wie die gerade geschlüpften winzigen Schildkröten ins Meer krabbeln.
In anderen Episoden wird von dem Geisterglauben der Inselbewohner erzählt und von einem Fischer, der als Freitaucher unter Wasser läuft und die Fische mit einer Harpune fängt. All das ist geschickt erzählt sowie mit einem guten Blick für Details und Stimmungen fotografiert. Die BBC hätte es kaum besser machen können.
Die fünf Folgen der Reihe werden vom 22. bis 26. September um 19.30 Uhr auf Arte und im Januar im NDR Fernsehen ausgestrahlt
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