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Nordderby in der Dritten BundesligaLauwarmer Kick

Die einen konnten nicht, die anderen trauten sich nicht: Mit einem torloses Unentschieden endet die erste Drittliga-Begegnung zwischen Hansa Rostock und Holstein Kiel.

In der 61. Minute musste er vom Platz: Rostocks Torhüter Jörg Hahnel sah die Rote Karte. Bild: dpa

ROSTOCK taz | Der eigentliche Star des Drittliga-Nordderbys zwischen Hansa Rostock und Aufsteiger Holstein Kiel (0:0) stand gar nicht auf dem Spielberichtsbogen, trug kein Trikot, keine Nummer. Der Star war eine Möwe und wie sie hoch über dem ehemaligen Rostocker Ostseestadion in den Aufwinden schwebte und sich vor einem strahlend blauen Himmel als schneeweißer Farbtupfer spielerisch in elliptischen Bahnen bewegte, das war richtig schön anzuschauen.

Sie blieb nicht lange, vielleicht 20 Sekunden, aber das reichte aus, um dem lauwarmen Kick etwas Erfrischendes zu schenken. Unter ihr tat sich auf dem Platz nämlich praktisch gar nix. Das erste Liga-Spiel zwischen Rostock und Kiel war mehr ein Duell zwischen „kann nicht“ und „traut sich nicht richtig“ und das endete folgerichtig mit einem torlosen Remis.

Nur zwei Ereignisse versetzten die 13.400 Zuschauer in Aufruhr. Zunächst sah der Rostocker Torhüter Jörg Hahnel in der 61. Minute die Rote Karte, weil er einen Heber des Kieler Angreifers Marcel Schied außerhalb des Strafraums mit der Hand abwehrte. Und keine 180 Sekunden später sorgte Schiedsrichter Christian Bandurski (Oberhausen) mit einer seltsamen Entscheidung dafür, dass sich auch die Anzahl der Spieler flugs wieder in einem Gleichgewicht einpendelte. Der zuvor bereits verwarnte Holstein-Profi Marc Heider hatte einen Freistoß ohne Freigabe des Schiedsrichters ausgeführt. Dafür sah er Gelb-Rot und musste vom Platz.

„Uns hat die Cleverness gefehlt“, räumte Kiels Mittelfeldspieler Tim Danneberg nach dem Spiel richtig ein. Und der Mut. Bei aller Zufriedenheit der Kieler über den redlich verdienten Punkt in Rostock – es wäre noch mehr drin gewesen. In den letzten zehn Minuten spielten die Kieler „Störche“ den Ball viel zu oft ihrem eigenen Torwart zu, statt den Gegner, der es im gesamten Heimspiel nicht zu einer einzigen Torchance brachte, noch einmal ordentlich in Bedrängnis zu bringen.

Beim Sprung der Kieler in eine andere Fußballwelt war noch zu viel Ehrfurcht mit im Spiel. „Ich will keinen Vereinen der Regionalliga zu nahe treten, aber es ist schon etwas anderes, hier vor mehr als 13.000 lauten Zuschauern in einer großen Arena zu spielen als vor 500 Besuchern auf einem Sportplatz“, sagte Holstein-Kapitän Rafael Kazior. Rostock statt Rehden – dieser Sprung will auch vom Kopf her erst einmal richtig vollzogen werden. Der Name des Gegners, dessen lange Zugehörigkeit zur ersten und zweiten Bundesliga und die vielen Zuschauer – dieser Sprung will auch vom Kopf her erst einmal richtig vollzogen werden.

Hansa Rostock war allerdings nur eine Hülle seiner selbst. Die Mannschaft von Trainer Andreas Bergmann, dem ehemaligen Coach des FC St.Pauli, enttäuschte auf ganzer Linie. Am Hansa-Fanblock auf der Südtribüne, wo offenbar auch ein paar gewitztere Köpfe zu finden sind, war ein Spruchband mit Bezug auf die Stadt Rostock und die nahe Ostsee zu lesen. Darauf geschrieben stand: „Arbeitslos, wo andere Urlaub machen.“ Für Bergmann könnte sich diese Perspektive schneller ergeben, als dies nach dem ersten Spiel einer Saison gemeinhin zu erwarten ist. „Wir haben noch viel zu tun, müssen hart arbeiten“, sagte Bergmann. Damit hat er zweifellos recht.

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