Nordderby im Eishockey: Pinguine machen Grizzlys platt

Das Nordderby haben die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven mit 5:1 für sich entschieden. Es läuft für den Verein mit dem kleinen Budget.

Ausgleich: Ein Bremerhavener Spieler setzt sich gegen Torwart durch und trifft

Ziga Jeglic von den Fischtown Pinguins trifft zum 1:1 gegen Grizzlys-Torwart Dustin Strahlmeier Foto: kolbert-press/imago

BREMERHAVEN taz | Das Spiel gegen die Grizzlys Wolfsburg startet für die Fischtown Pinguins mit einem kleinen Schock: Schon in der 29. Sekunde preschen die Gäste aus Wolfsburg nach vorne und machen das 1:0. Ein Dämpfer gleich zu Beginn. Aber Bremerhaven fängt sich schnell. Noch im ersten Drittel drehen sie das Spiel und gehen mit 2:1 in die erste Pause.

Die sechs Bremerhavener Spieler auf dem Eis stehen nach dem Wiederanpfiff so geschlossen, dass den Grizzlys kein vernünftiger Schuss aufs Tor mehr gelingt. Die Pinguins hingegen lassen sich nicht stoppen. Zum 3:1 passt Torwart Maximilian Franzreb den Puk an Skyler McKenzie. Der setzt zum Sprint über das gesamte Feld an und macht das Tor. Am Ende des Spiels steht es verdient 5:1 für Bremerhaven – ein Erfolg der sinnbildlich für den Auftritt des Vereins in dieser Saison steht. Trotz kleinerer Stolperer läuft es gut.

Obwohl die Pinguins zuletzt vier Spiele in der Deutschen Eishockeyliga (DEL) verloren, stehen sie auf Platz vier der Tabelle. Für den vergleichsweise kleinen Verein aus der Stadt am Meer ist das ein großer Erfolg.



Seit sechs Jahren spielen die Bremerhavener in der DEL. In dieser Zeit haben sie es vier mal ins Viertelfinale der Playoffs geschafft. Für einen Aufsteiger ist das eine starke Leistung, auch, weil der Verein zu den finanzschwächsten in der Liga zählt. In diesem Jahr haben die Pinguins einen herausragenden Saisonstart hingelegt: Am 15. Spieltag Ende Oktober schlugen sie sogar das Top-Team München und standen damit kurzzeitig auf Platz eins. Eine kleine Sensation für den Underdog.

Erfolg ohne große Namen

„Man weiß allerdings mittlerweile auch, dass man Bremerhaven nicht unterschätzen sollte“, meint Ex-Eishockeyprofi Kai Hospelt. Der ehemalige Mittelstürmer hat den Großteil seiner Karriere bei den Kölner Haien gespielt. Der Erfolg der Fischtown Pinguins sei trotzdem beeindruckend, meint er: „Auch, weil Bremerhaven bis auf ein paar Ausnahmen nie die großen Namen im Kader hatte.“


„Die Stärke der Mannschaft liegt im Kollektiv“, sagt Fischtown-Manager Alfred Prey. „Es ist eine Gruppe, die sich gegenseitig gut ergänzt“. Das liegt auch daran, dass viele Spieler schon seit Jahren zusammen spielen.

Prey setzt bewusst auf Konstanz im Kader: Es gibt relativ wenig Fluktuation und neben Schlüsselspielern wie Stürmer Jan Urbas ist auch Trainer Thomas Popiesch mittlerweile schon seit sechs Jahren im Verein. Teammanager Prey ist sogar schon seit 30 Jahren beim Roll- und Eissportverein Bremerhaven (REV), dem Stammverein der Fischtown Pinguins. Er lebt den Bremerhavener Eishockey. 



Um neue Spieler zu entdecken, steigt Prey gerne Dienstagmittags ins Auto und fährt einige Kilometer Richtung Norden. Dort ist dann nämlich Anstoß in der dänischen Liga. Die hat Prey gut im Blick und das zahlt sich aus: Mittlerweile spielen vier dänische Nationalspieler in Bremerhaven. Für die ist der Verein in der Seestadt eine Möglichkeit, sich in der DEL zu präsentieren.

Bitter für Wolfsburg

Das gilt natürlich nicht nur für die Zugänge aus Dänemark. Bei den Pinguins gibt es generell viele Spieler aus nordeuropäischen Ländern. Ein Unterschied zu anderen DEL Teams, die gerne im nordamerikanischen Raum nach Spielern suchen. Die Bremerhavener weichen also auf einen weniger umkämpften Markt aus und die Spieler, die sie in Europa finden, sind froh über einen Wechsel in die DEL. So profitieren beide Seiten.

Dass viele dieser Spieler Bremerhaven nach ein paar Jahren für leistungs- und finanzstärkere Vereine verlassen, störe Alfred Prey nicht. „Bremerhaven ist ja nicht der Nabel der Welt“, meint er. „Und wenn Spieler weiterziehen, haben sie sich das ja bei uns erarbeitet und verdient“.



Wie schon am vorherigen Spieltag gegen Berlin musste sein Team auch am Sonntag verletzungsbedingt auf fünf Spieler verzichten. Das ist ein Fünftel des Kaders. Unter den verletzten Spielern ist unter anderem Top-Stürmer Jan Urbas. Auch der verhältnismäßig kleine Kader von 25 Spielern zeigt, dass Bremerhaven in einigen Belangen noch nicht mit den großen Teams in der Liga mithält.

Die Adler Mannheim haben beispielsweise aktuell sechs Spieler mehr im Kader und können Ausfälle somit besser ausgleichen. Ex-Profi Kai Hospelt traut den Fischtown Pinguins in dieser Saison trotzdem noch einiges zu. Schon in der letzten Saison habe die „slowenische Angriffsreihe“, bestehend aus den Stürmern Jan Urbas, Miha Verlič und Žiga Jeglič, eine sehr gute Leistung abgeliefert.

Bremerhaven sucht in Dänemark nach talentierten Spielern

In dieser Saison sei nun auch die Defensive stärker geworden und arbeite viel mit nach vorne. Laut DEL-Statistik hat Fischtown-Verteidiger Phillip Bruggisser bisher die meisten Tor-Vorlagen der Liga geliefert. „Die Fischtown-Pinguins sollten schon versuchen, unter die letzten vier zu kommen und im Halbfinale der Playoffs zu spielen“, meint Hospelt deshalb.

Für die Grizzlys ist es bereits die dritte Niederlage gegen Bremerhaven in dieser Saison – alle Teams treffen vor den Playoffs vier Mal aufeinander. Sogar im eigenen Stadion hatte Wolfsburg das Nordderby vor rund zwei Wochen mit einem torreichen 5:7 verloren. Besonders bitter ist das für Wolfsburgs Trainer Michael Steweart. Drei Jahre lang hatte der nämlich die Fischtown Pinguins trainiert und musste jetzt also drei Niederlagen in Folge gegen seinen Ex-Club einstecken.

Im Spiel gegen Bremerhaven Punkte zu holen, wäre aber auch unabhängig davon wichtig für Wolfsburg gewesen. Nach zuletzt zwei Niederlagen gegen Düsseldorf und Frankfurt stehen die Grizzlys jetzt auf dem neunten Platz in der unteren Tabellenhälfte.


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