piwik no script img

Nominierungen für Oscar-VerleihungSo schrecklich unglamourös

Kein 3-D, keine Abenteuer. Dafür zwölf Oscar-Nominierungen für "The Kings Speech", acht für den Facebook-Film - was sagt das über Hollywood?

Wird der schwarze Schwan der goldene Schwan? Natalie Portman ist für ihre Rolle in "Black Swan" als beste Hauptdarstellerin nominiert. Bild: dapd

"The Kings Speech", echt? Hollywood kann manchmal wirklich schrecklich unglamourös sein. Am Dienstag wurden in Los Angeles die Nominierungen für die Oscar-Verleihungen bekannt gegeben, und der Film über den stotternden britischen König George VI. und seinen Sprachlehrer sahnte gleich zwölf Nominierungen ab. Kein 3-D, keine ästhetischen Abenteuer, keine neue Geschichte - sollte "The Kings Speech" auch bei der Preisverleihung am 27. Februar triumphieren, hätte das einen Beigeschmack von Auf-Nummer-sicher-Gehen.

Regisseur Tom Hooper hat einen dieser Historienstreifen der Sorte konventioneller Superlangweilerfilm vorgelegt, auf die die Academy sich schon in ihrer 83-jährigen Geschichte allzu gerne verständigt hat, wenn ihr nichts Besseres eingefallen ist.

Mehr Impulse, sowohl gesellschaftspolitischer als auch künstlerischer Art, kann man sich von einer Auszeichnung für "The Social Network" versprechen. Der Facebook-Film ist mit seinen acht Nominierungen der andere Favorit. Allerdings gehen die Ansichten dazu, was genau den Film so erfolgreich und nun auch preisverdächtig gemacht hat, auseinander.

Die Nominierungen

BESTER FILM

"127 Hours"

"Black Swan"

"Inception"

"The Fighter"

"The King's Speech"

"The Kids Are All Right"

"The Social Network"

"Toy Story 3"

"True Grit"

"Winter's Bone"

***

BESTE REGIE

Darren Aronofsky ("Black Swan")

Joel u. Ethan Coen ("True Grit")

David Fincher ("The Social Network")

Tom Hooper ("The King's Speech"

David O. Russell ("The Fighter")

***

BESTE HAUPTDARSTELLERIN

Annette Bening ("The Kids Are All Right")

Nicole Kidman ("Rabbit Hole")

Jennifer Lawrence ("Winter's Bone")

Natalie Portman ("Black Swan")

Michelle Williams ("Blue Valentine")

***

BESTER HAUPTDARSTELLER

Javier Bardem ("Biutiful")

Jeff Bridges ("True Grit")

Jesse Eisenberg ("The Social Network")

Colin Firth ("The King's Speech")

James Franco ("127 Hours")

Ist es das Thema, das Sozialnetzwerk Facebook, dessen Anfänge hier scheinbar authentisch aufgerollt werden? Sind es die Schnellfeuerdialoge des Drehbuchautors Aaron Sorkin, dem man auch ein packendes Vielpersonenstück zur Aufführung in einer Telefonzelle zutrauen würde? Oder ist es doch der 48-jährige Kinoregisseur David Fincher, der nach solchen ebenso riskanten wie erfolgreichen Filmen wie "Fight Club" oder "Zodiac" einfach fällig für den Oscar ist?

Viel spricht für Fincher als wichtigsten Faktor. Bei genauer Betrachtung interessiert sich das Drehbuch für das Phänomen Facebook als neues soziales Medium ja kaum. Aaron Sorkin hat zwar - mit der TV-Serie "The West Wing" - an Fernsehpreisen abgeräumt, was nur geht. Fincher ist jedoch der erste Filmregisseur, der aus einem Sorkin-Drehbuch etwas ganz anderes als verfilmtes Theater zu machen versteht. Es hat lange gedauert, bis Fincher den Ruf eines effektsüchtigen Videoregisseurs los war. Inzwischen gilt er auch der Kritik als einer der ästhetisch interessantesten Hollywood-Regisseure.

Dasselbe gilt für den Regisseur Darren Aronofsky, dessen düsterer Ballettfilm "Black Swan" fünfmal nominiert ist. Die Stile von Fincher und von Aronofsky liegen allerdings denkbar weit auseinander. Während man bei Fincher die kühlen Oberflächen und seine millimetergenaue Kontrolle über das Spiel und das Bild bewundert, geht "Black Swan" seiner Balletttänzerin Natalie Portman, die den Oscar als beste Hauptdarstellerin dafür im Grund sicher hat, heftig ans Leder und dem Zuschauer mit viel Körperhorror unter die Haut. Außerdem liegen noch die Coen-Brüder mit dem Westernremake "True Grit" bestens im Rennen. Der Film wird am 10. Februar die Berlinale eröffnen.

Immer schon eine Sache absurder Willkür ist die Oscar-Kategorie für den besten Auslandsfilm. Dieses Jahr sorgte schon die Vorauswahl für Entsetzen. Sowohl der französische Publikums- und Kritikererfolg "Von Menschen und Göttern" als auch Apichatpong Weerasethakuls Cannes-Gewinner "Uncle Boonmee" flogen in der ersten Runde aus dem Rennen. Das gilt auch für den deutschen Beitrag "Die Fremde" von Feo Aladag, was allerdings verschmerzbar ist. Favorit ist nun wohl Alejandro González Iñárritus Düsterfilm "Biutiful", für den Javier Bardem zugleich als bester Hauptdarsteller nominiert worden ist.

Hoffnung auf eine Auszeichnung kann sich auch der deutschstämmige Komponist Hans Zimmer machen, seine Vertonung des Films "Inception" von Christopher Nolan war der Academy eine Nominierung wert. Der deutsche Regisseur Florian Henckel von Donnersmark, dessen internationale Karriere 2007 mit einem Oscar für "Das Leben der Anderen" begann", wird dagegen leer ausgehen. Keine Nominierung für seine Großproduktion "The Tourist", die auch an den Kinokassen floppte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • D
    Dababa

    Ich habe von so vielen (natürlich insbesondere Briten)jetzt gehört, dass "The King´s Speech" hervorragend ist. Bin darauf gespannt.

    Tut mir leid, dass das kein Pseudo Film ist mit Avantgarde Sex Szenen und Transen als Leihmütter.

    Meine Güte.

  • V
    Vorp

    Was sagen die Nominierungen über Hollywood? Eigenlob stinkt.

  • J
    José

    The Kings Speech als blöden langweiligen Geschichtsfilm darzustellen zeugt von großer Filmbegeisterung, die sicher über den 0815-Baller-Film/Tellerrand hinaus geht. Bitte immer so weiter machen, dann wirds auch was mit dem Job als Cineast bei der Bild.

  • EM
    Ein Mensch und (k)ein Gott

    Tja, was ist bedeutender? Der Film selbst oder die Auszeichnungen, die er möglicherweise kriegt oder nicht kriegt?

     

    Ein Film kann einem oder mehreren Menschen etwas geben, auf eine sehr persönliche Art und Weise.

    Daran kann glücklicherweise keine Auszeichung der Welt etwas ändern.

     

    "Von Menschen und Göttern" ist so einer.

     

    Der Wert dieses Werks wurde bei der Oscar-Jury nicht erkannt oder konnte nicht erkannt werden, weil ein anderes Wertesystem zugrunde liegt.

     

    Schade? Oder wird der Film vielleicht dadurch geehrt, dass er eben nicht mit der höchsten Auszeichnung der oberflächlich-glamourösen Hollywoods "geehrt" wird?