Nokia und die Subventionen: Viel kassiert, wenig getan
Für das Werk in Bochum soll Nokia zu viele Subventionen erhalten haben. Schon 2003 wusste offenbar die Landesregierung, dass Nokia zu wenig tat.
DÜSSELDORF afp/taz Der ehemalige Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau (SPD), hat einem ARD-Bericht zufolge bei der Vergabe von Subventionen an den finnischen Handyhersteller Nokia wissentlich gegen Förderrichtlinien des Landes verstoßen. Nach Recherchen des Politikmagazins "Kontraste" wusste Schartau bereits im Jahr 2003, dass Nokia in Bochum trotz vertraglicher Zusagen nicht die vereinbarte Zahl an Arbeitsplätzen schaffen werde. In der Sendung erklärte Schartau am Donnerstag, die Handyindustrie und die Region rund um Bochum seien zu diesem Zeitpunkt stark unter Druck gewesen.
Statt auf die Schaffung der vereinbarten Arbeitsplätze zu bestehen, änderte der damalige Wirtschaftsminister laut "Kontraste" die Subventionsbedingungen für Nokia. Er reduzierte demnach die Zahl der neu zu schaffenden Arbeitsplätze von ursprünglich 797 auf 194. Doch auch diese Zahl hielt Nokia dem Bericht zufolge nicht ein. Damit habe Schartau mit seinen Subventionszusagen an Nokia gegen Fördergesetze des Landes verstoßen. Denn die Subventionsrichtlinien von Nordrhein-Westfalen sähen eine Förderhöchstgrenze von 500.000 Euro pro neu geschaffenem Arbeitsplatz vor. Da sowohl Nokia als auch das Wirtschaftsministerium bei der Subventionsvergabe mit zu hohen Arbeitsplatzzahlen rechneten, flossen nach "Kontraste"-Recherchen letztlich weit mehr als die gesetzlich festgeschriebenen 500.000 Euro pro Arbeitsplatz an den Handykonzern.
Auch Schartaus Nachfolgerin Christa Toben (CDU), die seit Mitte 2005 das Wirtschaftsministerium führt, unternahm gegen den Rechtsverstoß bei der Subventionsvergabe an Nokia den Recherchen zufolge fast drei Jahre lang nichts. "Ich bin darüber nicht informiert worden. Bei mir ist kein einziges Schriftstück auf dem Schreibtisch gelandet seit der Regierungsübernahme, das den Fall Nokia betraf", erklärt sie gegenüber "Kontraste". Allerdings ist schwer vorstellbar, dass es in ihrem Ministerium keine Akten zum Fall Nokia geben soll. Die Grünen im Düsseldorfer Landtag fordern nun einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Nokia-Skandals.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!