KOMMENTAR: Noch harmlos
■ Der deutsche Stammtisch geht in den Wahlkampf
Man muß Angst haben vor ihnen. Wahrscheinlich mehr Angst als vor den eindeutigen, den identifizierbaren Schlägern aus den Wehrsportgruppen. Man muß Angst haben vor ihrer betulichen Harmlosigkeit, vor ihrer ungespielten Empörung gegenüber Gegendemonstranten, vor ihrem Sauberkeitsfanatismus und ihrem ehrlichen Ekel gegenüber Langhaarigen, gegenüber Buntbemalten und Dunkelhäutigen.
Sie glauben wirklich, was sie sagen, und sie glauben es seit langem, sie glauben es heimlich, solange sie sich in der Mindeheit fühlen. Aber sie glauben es mit brutaler Härte und schwadronierender Lautstärke, sobald sie sich unter ihresgleichen glauben: ein fürchterlich simples, eingängiges und ekelhaftes Gebräu aus Soldatenehre, Nationalstolz, Ausländerhaß, Politiker-Verachtung und eigener Verzweiflung. Es ist das zum Weltbild zusammengezogene Ressentiment des deutschen Stammtischs, das die DVU in den Wahlkampf schickt. Noch kann man sich damit trösten, daß selbst unter Einsatz aller Kräfte nur 300 Leute zu ihren Veranstaltungen kommen, noch kann man sich trösten, daß nur Dorfgasthöfe ihre Bühnen für den harmlosen Hetzer Frey zur Verfügung stellen. Es ist aber zu fürchten, daß Frey mit seinem Optimismus für die Zukunft nicht ganz Unrecht hat.
Klaus Schloesser
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