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Nobody regiert das Amt

■ Eckart Werthebach wird neuer Verfassungsschutz-Chef PORTRAIT

Berlin (taz) — Der Präsident des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz trägt seit heute einen neuen Namen: Der 1940 in Essen geborene Eckart Werthebach löst den seit 1987 amtierenden Präsidenten Gerhard Boeden ab. Amtsintern wird der parteilose Karrierebeamte Werthebach als sachkompetent, höflich und als enger Vertrauter des Innenstaatssekretärs Hans Neusel beschrieben. Kritiker nennen ihn einen „technokratischen Spezialisten“.

In der Öffentlichkeit war Werthebach bislang ein Nobody. In dem umfangreichen Personenregister des 'Spiegels‘ fand er in zwei Jahren nur einmal eine Erwähnung — eine unrühmliche dazu. Es ging um den Streit, wie weiter mit der Hinterlassenschaft des Stasi umgegangen werden solle. Der Vorsitzende des parlamentarischen Sonderausschusses zur Kontrolle der Stasi-Auflösung, Jochen Gauck, hatte gerade angesetzt, sich gegen DDR-Innenminister Diestel in der Frage einer gesetzlichen Regelung durchzusetzen, da lief Abteilungsleiter Werthebach im Bonner Innenministerium Sturm. Drei Tage vor der Verabschiedung des Volkskammergesetzes teilte er am 21. August Diestels Ministerium mit, was in Bonn von den Plänen der Volkskammer gehalten werde: nämlich nichts. „Dem von den Mitarbeitern des Ausschußvorsitzenden Gauck erarbeiteten Entwurf wird nachdrücklich widersprochen“, faxte er in die Ostberliner Mauerstraße, und die Leitung der Stasi-Archive solle nicht DDR-Bürgern, sondern dem Präsidenten des Bundesarchivs der Bundesregierung in Koblenz unterstellt werden. Für den weiteren Umgang mit den Stasi-Akten forderte Werthebach „unbedingt“ eine „differenzierte Vernichtungsregelung“. Seine Karriere machte der gelernte Jurist fast ausschließlich „im Amt“. Nach einer zweimonatigen Stippvisite als Berater der Bezirksregierung in Unterfranken wechselte er am 1.Juli 1971 ins Bonner Innenministerium. Über die Dienstrechts-, Verfassungsrechts- und Zentralabteilung erschloß er sich 1976 den Bereich „Innere Sicherheit“. Nach drei Jahren übernahm er die Fachaufsicht über das Bundeskriminalamt und anschließend die über das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Zuletzt war Werthebach im Bonner Ministerium der ständige Vertreter des Leiters der Abteilung Innere Sicherheit. In dieser Funktion sandte ihn die Bundesregierung auch als Berater in die Regierungskommission zur Auflösung der Stasi. Wolfgang Gast

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