Nobelpreisträgerin über Embryonengesetz: „Man kann Intelligenz nicht einbauen“
Die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard findet das Embryonenschutzgesetz kriminell. Es untersage Dinge, die gar nicht möglich sind.
Am kommenden Freitag wird Robert Edwards, dem Vater der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas, ein Nobelpreis verliehen. Der Vatikan kritisiert Edwards als Verantwortlichen für den Tod von Millionen überschüssiger Embryonen, die dabei entstehen. „Ich finde das schön, dass er den Nobelpreis kriegt“, sagt dagegen die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard in der sonntaz. „Man kann doch nicht einfach sagen: Es muss nicht jeder Kinder haben, schminkt euch das ab!“ Nüsslein-Volhard war 1995 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden – als erste deutsche Naturwissenschaftlerin. Sie hatte sich mit der „genetischen Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung“ befasst.
Das Retortenbaby, sagt Nüsslein-Volhard im sonntaz-Gespräch, sei zwar akzeptiert: „Aber es wird nicht darüber geredet.“ Vermutlich würden viele Eltern es als Stigma ansehen, ihr Kind einer künstlichen Befruchtung zu verdanken. „Weil sie das Gefühl haben, es nicht gekonnt zu haben. Die Frauen sagen danach: Gott sei Dank hat das jetzt geklappt. Und dann sind sie still.“ Deswegen gebe es auch keine Lobby für die künstliche Befruchtung. „Sonst wäre das Embryonenschutzgesetz schon längst gekippt“, sagt die Wissenschaftlerin. „Denn so wie es jetzt ist, ist es eigentlich kriminell.“
Das Embryonenschutzgesetz stamme aus dem Jahr 1990. Es verhindere, dass die künstliche Befruchtung nach den besten Methoden der medizinischen Praxis durchgeführt werde. Nüsslein-Volhard hält diesen Zustand für „ganz schlimm“. „Mit dem Gesetz sind sogar Sachen verboten, die gar nicht machbar sind“, stellt die Biologin fest. „Bis heute nicht.“ Das sei, „als würde man verbieten, auf dem Mond Häuser zu bauen.“ Sie meine etwa das Verbot, Gene von Menschen zu verändern, „denen Intelligenz oder so was einbauen“. Ihrer Ansicht nach ein Science-Fiction-Szenario: „Das können Sie vollkommen vergessen, das geht nicht.“
Träume und Albträume vom Designerbaby und dem Klonen sieht Nüsslein-Volhard ähnlich nüchtern: „Also, wenn Sie ein schönes Baby wollen, dann nehmen Sie sich halt den schönsten und klügsten Partner. Das geht ja auch aus dem Katalog. Im Grunde funktioniert die Auswahl in der Natur ganz gut, man kann sich seine Partner wählen, wie man will. Dann muss man die Babys auch nicht verändern.“
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Immer wieder hat die Wissenschaftlerin sich in Zeitungartikeln mit derart diffusen Angstszenarien befasst. Dass sie sich damit in der „linken Bio-Ecke“ wenig Freunde mache, sei ihr bewusst: „Das ist komisch, ist ja eine sympathische Ecke im Grunde. Die Ziele sind gut, da kann ich eigentlich fast alles unterschreiben. Aber die Wege sind oft irrational und nicht durch Vernunft geleitet.“
Wie die Nobelpreisträgerin beim Anblick von Zebrafischen neue Erkenntnisse gewinnt, warum sie einfach mal wissen will, wie die Streifen auf den Fisch kommen und wie sie sich für berufstätige Frauen einsetzt, das erzählt Christiane Nüsslein-Volhard im Gespräch in der aktuellen sonntaz.
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