Nobelpreisträger unterstützt Feldbefreier: Ausgerissene Gen-Pflänzchen
Der kanadische Gentech-Aktivist Percy Schmeiser, Träger des Alternativen Nobelpreises, kritisiert die Geldstrafe für Bioimker aus Baden-Württemberg.
NÜRTINGEN taz Percy Schmeiser durfte nicht in den Zeugenstand treten. Drei Stunden lang verfolgte der kanadische Farmer, der für seinen Kampf gegen den Gentechnik-Konzern Monsanto unlängst den alternativen Nobelpreis verliehen bekam, am Montag einen Prozess im Nürtinger Amtsgericht. Der Bioimker Achim Schultheiß wurde am Montag zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt - die Strafe dafür, dass er am Pfingstmontag 2006 drei Maispflänzchen aus einem Acker im schwäbischen Oberbohingen gerissen hatte. Protest gegen die fortschreitende Kontaminierung von Nahrung und Saatgut mit genverändertem Erbgut. Die im Gentechnikgesetz proklamierte "Koexistenz" gentechnikfreier und genmanipulierter Pflanzen sei eine Farce, argumentiert er. Schmeißer hätte genau dies bezeugen können. In Kanada, wo seit zehn Jahren Genpflanzen angebaut werden, räumten inzwischen selbst die Saatgutvermarkter ein, dass es vor Auskreuzung der Genpollen "keine Sicherheit gibt", sagte er der taz.
Das von der Fachhochschule Nürtingen bestellte Feld in Oberbohingen war eines von 15 Versuchsfeldern für Gentech-Mais in Deutschland.
Am 5. Juni 2006 zogen hier mehrere Dutzend von ihnen Pflänzchen aus dem Boden, entfernten Markierungsschilder und säten Biomais ein. Der Versuchsanbau, so schilderte es gestern Agrarwissenschaftler Helmut Messner vom Bundesverband deutscher Pflanzenzüchter, "war so beeinträchtigt, dass er nicht mehr bewertet werden konnte". Mehr noch: Die wenigen verbliebenen Resultate der bundesweiten Versuchsreihe verwarf das Bundessortenamt als "statistisch unbrauchbar". Bis zur Zulassung der umstrittenen neuen Maissorten dauert es damit mindestens ein Jahr länger. Den entstandenen Schaden bezifferte Messner auf "mehrere hunderttausend Euro", die spätere Markteinführung der Sorten nicht mit eingerechnet. Verantwortlich dafür ist in den Augen der Staatsanwaltschaft Achim Schultheiß. Der nämlich hatte seine Drei-Genmais-Pflanzen-weniger-Aktion im Vorfeld öffentlich angekündigt, sogar mit Datum und Uhrzeit.
Es sei Schultheiß nicht um die Zerstörung des Feldes, sondern um öffentlichkeitswirksamen Protest gegen den Anbau genveränderter Pflanzen in Deutschland gegangen, argumentierte sein Verteidiger. Die Tat sei ein legitimer Akt des zivilen Ungehorsams. Staatsanwaltschaft und Gericht werteten die Ankündigung der Aktion indes als Anstiftung zur Sachbeschädigung. Schultheiß habe es darauf angelegt, dass andere die Pflanzung in großem Stil zerstörten. Die "Freiwillige Feldbefreiung" von Oberbohingen habe "die Lunte gelegt" für die Zerstörung von weiteren drei Testfeldern, klagte Messner.
Die Geldstrafe will Schultheiß übrigens nicht zahlen. 80 UnterstützerInnen haben bereits schriftlich erklärt, von einer eventuell angeordneten Ersatzfreiheitsstrafe je einen Tag zu übernehmen.
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