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Niedersachsens Landeschef WulffDer große Lächler des Nordens

Während die Hessen-CDU einen polarisierenden Wahlkampf führt, vermeidet Christian Wulff in Niedersachsen konfliktträchtige Aussagen. Das könnte ihm den Sieg sichern.

"Wir Christdemokraten sind auch für Mindestlöhne": Christian Wulff Bild: dpa

HANNOVER taz Mal sind es Schüler, mal Arbeitnehmer, mal auch ältere Menschen, die auf den großen Wahlplakaten der niedersächsischen CDU einen stets freundlich lächelnden Christian Wulff umringen. Auf den Plakaten verspricht der Ministerpräsident dem Wahlvolk "Gute Bildung", "Arbeitsplätze" und inmitten einer Gruppe von Schornsteinfegern sogar "Viel Glück für alle Niedersachsen". Während Roland Koch für den Machterhalt in Hessen die einst von Gerhard Schröder genutzte Hetzparole "Kriminelle Ausländer raus" reaktiviert, startet Niedersachsen zeitgleich in eine beschauliche Wahlauseinandersetzung.

Er glaube, "ohne einen polarisierenden Wahlkampf auskommen zu können", meinte Wulff, als er die Großflächenplakate der CDU präsentierte. Der Wahlkampf der CDU zielt auf die oft beschworene Mitte und vermeidet Angriffsflächen. Wulff will dem SPD-Herausforderer Wolfgang Jüttner keine Streitthemen liefern, über die sich der ehemalige Landesumweltminister dem Wahlvolk doch noch bekannt machen könnte. Schließlich stehen bei Jüttner bisher dessen jahrzehntelange landespolitische Erfahrung und Bekanntheitsgrad immer noch im umgekehrten Verhältnis.

Der Unterschriftenkampagne für Mindestlöhne, die auch im niedersächsischen SPD-Wahlkampf ein zentrales Element ist, begegnete Wulff etwa mit der schlichten Behauptung: "Wir Christdemokraten sind auch für Mindestlöhne." Wo Koch sich gegen den Postmindestlohn exponierte, sah und sich Wulff ganz auf der von der Berliner Koalition vereinbarten Linie. "Wenn die Gewerkschaften aber eine bestimmte Branche nicht mehr zureichend durchdringen, dann ist der Ruf nach der Politik berechtigt", meint der niedersächsische Ministerpräsident. Dann müsse man wie in der Postbranche die tariflichen Mindestlöhne für allgemein verbindlich erklären. Zwar hilft Wulffs Empfehlung in Branchen ohne bundesweiten Flächentarif keineswegs. Den "Niedriglohnsektor", den der Ministerpräsident lange als Allheilmittel gegen Arbeitslosigkeit gepriesen hatte, hat Wulff aber vorerst aus seiner Rhetorik gestrichen.

In der aktuellen Debatte über jugendliche Straftäter rief der Wahlkämpfer Wulff zu mehr Besonnenheit auf. Im Einzelfall könne zwar mehr Härte geboten sein, Integration und Prävention seien aber die Schlüsselthemen, meinte er. Selbst in der Energiepolitik scheut der Ministerpräsident konfliktträchtige Aussagen. Den Bau neuer AKWs hält Wulff "in Deutschland für abwegig". Die Frage nach längeren Laufzeiten stelle sich bei den niedersächsischen Atomkraftwerken "momentan nicht, weil keines vom Netz gehen muss", meint er und übersieht geflissentlich das AKW Unterweser, das voraussichtlich 2012 seine Reststrommenge ausgeschöpft haben wird. Bei der Stromerzeugung aus regenerativen Energien will der CDU-Politiker über das Einspeisegesetz hinausgehen und bis zum Jahr 2020 ein Viertel des in Niedersachsen benötigten Stroms mit Hilfe von Wind, Biomasse oder Wasser erzeugen.

In den Umfragen liegt die niedersächsische CDU derzeit bei rund 44 Prozent und damit 10 Prozentpunkte vor der SPD-Konkurrenz. Wulffs Wunschpartner FDP liegt derzeit bei 7 Prozent und hat gute Chancen auf einen Wiedereinzug in das hannoversche Leineschloss. Der "Arbeit und Glück"-Wahlkampf stößt zudem niemanden vor den Kopf und hält für den Notfall andere Bündnisoptionen wie Schwarz-Grün oder die große Koalition offen. Der wichtigste Gegner des CDU-Politiker ist deswegen momentan die Siegeszuversicht der eigenen Anhänger. Die könnten einfach "zu früh von einem Wahlsieg ausgehen", fürchtet Wulff.

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