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Niedersachsen will neue Einwanderungspolitik

Hannover (taz) — Angekündigt ist jene Bundesratsinitiave, mit der Niedersachsen endlich „die Asyldebatte vom Kopf auf die Füße stellen“ möchte, schon eine ganze Weile. Von Ministerpräsident Gerhard Schröder und dem grünen Bundesratsminister Jürgen Trittin gleichermaßen. Doch es mußten erst Widerstände in der Landes- SPD überwunden werden, bevor die rot-grüne Landesregierung sich auf ein gemeinsames Konzept einer „Flüchtlings- und Einwanderungspolitik“ verständigen konnte. Jetzt liegt ein mit den zuständigen Landesressorts abgestimmtes „Positionspapier“ vor, das nach Auskunft der Staatskanzlei in den kommenden Wochen vom Landeskabinett verabschiedet werden und dann gleich mehrere Gesetzgebungsinitiativen Niedersachsen im Bundesrat nach sich ziehen soll. Die Landesregierung will dabei von der schlichten Tatsache ausgehen, daß „weitgehend unabhängig vom Willen“ der Politiker „in hohem Maße Einwanderung stattfindet“.

„Weltweite Migrationsbewegungen“ ließen sich „weder durch Paragraphen noch durch Stahlzäune und Mauer verhindern“, heißt es in dem Positionspapier. Daher sei ein Einwanderungsgesetz „für jene Menschen, die gerade nicht aus Furcht vor Politischer Verfolgung zu uns kommen“ notwendig. Ein Gesetz „für Armutsflüchtlinge ebenso wie für einwanderungswillige qualifizierte Arbeitskräfte“. 400.000 bis 500.000 Zuwanderer pro Jahr aus den nichteuropäischen Staaten hält die Landesregierung allein zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs für erforderlich. Das Papier wendet sich allerdings gegen eine „Politik der offenen Grenzen“ und erklärt die „Kontingentierung der Einwanderung zum einzigen Mittel“, der ansässigen Bevölkerung die irrationale Furcht vor einer sogenannten Überflutung zu nehmen. Beschieden werden sollen Anträge auf Einwanderung im Heimatland des Antragsstellers. Einwanderern soll in der Bundesrepublik eine „erleichterte Einbürgerung“ angeboten werden. Für eine Übergangszeit sollen bereits in der BRD anwesende Asylbewerber im Einwanderungsverfahren bevorzugt berücksichtigt werden.

In puncto Staatsbürgerschaft schlägt die Kabinettsvorlage, die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit und die „Einführung des Territorialprinzips“ vor. Um mit der „künstlichen Vermehrung von Ausländern im Inland Schluß zu machen“, soll den hier geboren Kindern von in der BRD lebenden Ausländern „die deutsche Staatsbürgerschaft“ angeboten werden.

Um den Aussiedlerzuzug neu zu regeln, will die Landesregierung „im Bundesrat ein Kriegsfolgenabschlußgesetz einbrigen“, das zur Kenntnis nimmt, das in Europa der „Nachkriegszustand beendet“ ist. Es soll die Aussiedlungen aus dem Osten zwar nicht abrupt abbrechen, den Aufnahmeanspruch deutscher Volkszugehöriger aus dem Osten allerdings nur noch befristet aufrechterhalten. Die Kabinettsvorlage kritisiert auch die heute vom Bundestag verabschiedete Novelle des Asylverfahrensgesetzes als „nicht effektiv“ und „verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt“. Sie strebt außerdem eine eigenständige gesetzliche Regelung für Bürgerkriegsflüchtlinge außerhalb des Asylverfahrens an. Gegen eine Änderung des Artikel 16 Grundgesetz führt die Landesregierung die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ins Feld. Nach dieser ist das Grundrecht auf Asyl „nicht großzügiger auszulegen als das Flüchtlingsvölkerrecht nach der Genfer Konvention“. Da alle politisch Verfolgten auch unter den Schutz der Genfer Konvention fielen, sei eine „Änderung der Asylproblematik durch eine Änderung des Artikel 16“ schlicht „nicht zu erwarten“. ü.o.

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