Niederländische Rechtsregierung vereidigt: Wilders-Kritiker wird Asylminister
Die rechte Minderheitsregierung in den Niederlanden wird die Ausländerpolitik verschärfen. Doch ausgerechnet ein Gegner von Islam-Gegner Wilders muss mit ihm kooperieren.
AMSTERDAM taz | 127 Tage nach den Parlamentswahlen ist am Donnerstag die neue niederländische Regierung vereidigt worden. Mit dem Bündnis aus der rechtsliberalen VVD und der christdemokratischen CDA regiert erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine Minderheitskoalition in Den Haag. Beide sind auf die Unterstützung der rechtspopulistischen PVV um deren Chef Geert Wilders angewiesen.
Eine bemerkenswerte Personalie im neuen Kabinett ist der CDAler Gerd Leers, der dem neu gegründeten Ministerium für Immigration und Asyl vorsteht. Der Exbürgermeister Maastrichts ist in Integrationsfragen beileibe kein Hardliner. Er nannte PVV-Chef Geert Wilders einst einen "Vormann ordinärer Dreckschleudern im Internet". Mit ebenjenem Wilders muss er nun zusammenarbeiten, und so suchten beide im Vorfeld der Vereidigung eine persönliche Aussprache - offenbar mit Erfolg.
Leers, dessen Ernennung ein Zugeständnis an den Wilders- kritischen Teil der Christdemokraten ist, spricht dennoch von einer "entsetzlich schwierigen Mission". Er selbst versteht sich als Brückenbauer, muss aber eine Politik ausführen, die maßgeblich von der PVV geprägt ist. Kernpunkte: Die EU-Direktive zum Familiennachzug soll erheblich verschärft werden. Die Regierung will mehr Mittel einsetzen, um ohne gültige Papiere in den Niederlanden lebende Ausländer aufzuspüren. Die Kriterien für Aufenthaltstitel und Einbürgerung werden strenger und die "Rückkehr- und Abschiebungspolitik intensiviert".
Geert Wilders selbst hat die Vorgaben formuliert: "Ein Viertel weniger Asylzustrom, 30 Prozent weniger regulärer Zustrom und 50 Prozent weniger nichtwestliche Ausländer."
Diese Ziele stehen ebenfalls im offiziellen "Duldungsabkommen", mit dem sich die PVV Einfluss auf die Regierungspolitik sichert. Weiterhin sieht das programmatische Dokument 12.000 neue Stellen in der Altenpflege und 3.000 zusätzliche Polizisten sowie die Einführung von Mindeststrafen vor. Zudem strebt die Regierung ein Burkaverbot ebenso an wie ein Kopftuchverbot für Justiz- und Polizeibeamtinnen. Die oppositionellen Sozialdemokraten sprechen daher bereits vom "Kabinett Wilders".
Dabei demonstrieren die beteiligten Parteien gerade in der Einwanderungspolitik Konsens. Bereits im Sommer kündigten sie an, künftig "kriminelle Antillianer" verstärkt abzuschieben. Einig ist man sich auch darin, dass die Umsetzung des Hausbesetzungsverbots Priorität hat, das zum Oktober in Kraft trat. Schon während der Verhandlungen hatte Premier Mark Rutte zudem von einem Koalitionsvertrag gesprochen, bei dem sich "die rechten Niederlande alle zehn Finger lecken."
Öffentliche Kritik gab es bereits im Vorfeld daran, dass kaum Frauen in der neuen Regierung vertreten sind. Lediglich die Resorts Bildung, Volksgesundheit sowie Infrastruktur und Umwelt werden von Frauen geleitet. Daneben umfasst das Kabinett einige bekannte Gesichter wie Maxime Verhagen, den neuen starken Mann der Christdemokraten, als Vizepremier und Wirtschaftsminister, Piet Hein Donner (CDA) als Innenminister und den VVD-Hochkaräter Henk Kamp als Sozialminister.
Auffällig ist, dass mehrere Akteure aus der schwierigen Phase der Regierungsbildung Ministerposten bekleiden. Der Verhandlungsleiter Ivo Opstelten (VVD), der Wegbereiter der Minderheitsregierung, steht dem Resort Sicherheit und Justiz vor, sein Vorgänger Uri Rosenthal (ebenfalls VVD) wird Außenminister. In den Niederlanden spricht man daher bereits vom "Belohnungskabinett".
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