Niedergang des ANC in Südafrika: Eine historische Zeitenwende
Die liberale DA, toleriert von den Linken der EFF, stellt in Johannesburg den Bürgermeister. Der ANC verliert in fast allen großen Städten die Macht.
144 Stimmen entfielen auf Herman Mashaba von der liberalen Oppositionspartei DA (Demokratische Allianz). Der ehemalige ANC-Bürgermeister Parks Tau ist mit 125 Stimmen aus dem Rennen. Der ANC hatte bei den Kommunalwahlen am 3. August 45 Prozent in Johannesburg erhalten, die DA 38 Prozent. Aber kleinere Parteien sagten der DA ihre Unterstützung zu. Auch die zweitgrößte Opposition, die linksradikale EFF (Ökonomische Freiheitskämpfer) stimmte am Montagabend für DA.
Es gibt aber keine DA-EFF-Koalition. „Wir sind unabhängig und geben der DA unsere Stimme, um die gescheiterte ANC-Regierung abzusetzen“, sagte EFF-Sprecher Floyd Shivambu. EFF konnte seine radikale Agenda wie die Verstaatlichung von Bergwerken nicht durchsetzen und will als neue Partei auf eigenständigem Kurs bleiben.
Mit der Machtübernahme in Johannesburg hat die DA Geschichte geschrieben. Sie regiert bereits in Kapstadt, übernimmt auch die Macht in der Hauptstadt Tshwane (Pretoria) sowie in der Industriestadt Nelson Mandela Bay (früher Port Elizabeth) und leitet nun die Geschicke in den meisten wichtigen Ballungsgebieten Südafrikas. Nur eThekwini (früher Durban) wird noch vom ANC regiert. In Nelson Mandela Bay, dem Zentrum der südafrikanischen Autoindustrie, errang die DA mit 46,5 Prozent einen klaren Sieg. Athol Trollip, ein Weißer, ist nun DA-Bürgermeister in der bisherigen traditionellen ANC-Hochburg.
Machtverlust und Todesfall
Der ANC hatte bei den Kommunalwahlen landesweit 54 Prozent der Stimmen erhalten, aber die Mehrheit in allen großen Städten verloren. Das machte den Weg frei für die DA, Verhandlungspartner für künftige Stadtregierungen zu suchen.
In Johannesburg kam es bei den Wahlen zum Stadtrat am späten Montagabend zu einem tragischen Ereignis, das dem Singen und Feiern ein jähes Ende bereitete: Ein Ratsmitglied des ANC brach zusammen und starb. Die Wahl nahm trotzdem ihren Lauf und die Opposition hat nun mit Bürgermeister Mashaba einen Unternehmer an die Spitze der Stadt gebracht.
„Wir werden einen Wandel einleiten, der unserem Volk Arbeitsplätze bringt. Lasst uns die Stadt wieder funktionstüchtig machen“, sagte der 56-Jährige, der sich für seine neue Aufgabe Rat aus Kapstadt holen will.
Die Herausforderungen für Herman Mashaba sind groß. Johannesburg sitzt auf einem Haufen unbezahlter Rechnungen für die Versorgung von Haushalten – das sind Verluste in Millionenhöhe für die Stadt. Auch hat er der Korruption den Kampf angesagt: „Korruption ist der Feind Nummer eins in dieser Stadt“, sagte Mashaba bei seinem Amtsantritt am späten Montagabend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!