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Niebel und sein TeppichEs tut ihm leid

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zeigt sich reuig, einen unverzollten Teppich aus Afghanistan gekauft zu haben. Die Grünen fordern die vollständige Aufklärung des Vorfalls.

Niebel will die Angelegenheit mit dem unverzollten Teppich schnell hinter sich bringen. Bild: dapd

BERLIN/MÜNCHEN dpa | Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) gibt sich optimistisch, die Affäre um einen unverzollt aus Afghanistan eingeflogenen Teppich rasch hinter sich zu bringen. „Durch meinen Antrag auf Nachverzollung wird die ganze Angelegenheit beglichen“, sagte er dem Magazin Focus. Zugleich äußerte Niebel erneut Reue: „Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich mich nicht selbst um die Dinge gekümmert habe. Das tut mir leid, vor allem weil ich den BND-Präsidenten in eine unangenehme Lage gebracht habe.“

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Niebel den bei einer Dienstreise in Afghanistan privat gekauften Teppich zunächst in der deutschen Botschaft lagern und später mit einem Flugzeug des Bundesnachrichtendienstes (BND) nach Berlin-Schönefeld bringen ließ. Dort nahm sein Fahrer den 30 Kilogramm schweren Einkauf direkt am Rollfeld entgegen, ohne den Teppich beim Zoll zu deklarieren. BND-Präsident Gerhard Schindler war davon ausgegangen, dass es sich bei der Fracht um ein Gastgeschenk gehandelt und er daher mit dem Transport im Dienst-Jet Amtshilfe geleistet habe.

Niebel hatte den Sachverhalt am Freitagabend in einer Stellungnahme so dargestellt: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt einen Hehl daraus gemacht, dass es sich bei dem gekauften Teppich um ein privates Souvenir handelte, und das auch nicht verschwiegen. Es gab allerdings rund um den Transport des Teppichs keinerlei Kontakt zwischen dem BND und mir. Ich wusste nur, dass der Teppich freundlicherweise in einer BND-Maschine mitgenommen würde.“ Bereits zuvor hatte Niebel von einem „Missverständnis“ gesprochen.

Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke forderte Niebel am Samstag auf, den Vorfall restlos aufzuklären. „Der Minister muss klarstellen, ob die Teppichaffäre ein Einzelfall ist, oder ob er Dienstreisen und Botschaftsmitarbeiter öfter für private Einkaufstouren nutzt.“ Zudem müsse er erklären, wer den Teppichtransport durch die Luft und auf der Straße bezahle. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte Handelsblatt Online: „Der Minister soll im Bundestag alles aufklären, sich für Fehler gegebenenfalls entschuldigen und Zoll oder Gebühren nachentrichten.“

Auslöser der Teppich-Affäre war laut Focus ein anonymes Schreiben von BND-Mitarbeitern, die den Wechsel an der Spitze ihrer Behörde von Ernst Uhrlau zu Schindler nicht verwunden haben. Adressiert war das Schreiben unter anderem an Journalisten und die Innenpolitiker Thomas Oppermann (SPD) und Wolfgang Neskovic (Linke).

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war am Freitag auf Distanz zum FDP-Minister gegangen. Sie erwarte, dass Niebel „so schnell und so vollständig wie möglich“ das Notwendige in der Angelegenheit nachhole, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Nach Angaben des für den Zoll zuständigen Finanzministeriums wird für die Einfuhr von Teppichen aus Nicht-EU-Ländern für private Zwecke eine Umsatzsteuer von 19 Prozent fällig. Die Freigrenze liege bei 430 Euro. Bei einer Selbstanzeige sei aber ein eigentlich automatisch fälliges Steuerstrafverfahren hinfällig, erklärte ein Sprecher.

Niebel geht davon aus, dass der Teppich nicht mit Kinderarbeit hergestellt wurde. Er sagte auf Anfrage der Bild (Samstag): „Auf meine Bitte hin hat mir ein Mitarbeiter der Botschaft einen vertrauenswürdigen Händler empfohlen, bei dem ich davon ausgehen konnte, dass dieser Händler alle Sozial- und Umweltstandards einhält.“ Aus „Sicherheitsgründen“ sei ihm „der Kauf eines Teppichs auf normalem Weg nicht möglich“ gewesen, erklärte der Minister.

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25 Kommentare

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  • B
    bmfuzzy

    Ich habe der FDP eine zweckgebundene Spende für Teppichkauf in Höhe von 1 Cent zukommen lassen. Warum? H. Niebel hat, weil das Geld in seinem Ministerium knapp ist, privat Entwicklungshilfe geleistet. Hoffentlich ist der Teppichkauf für ihn dadurch steuerlich absetzbar. Da der BND und nicht er den Teppich eingeführt hat, sollte der BND die Zollgebühren zahlen. Wahrscheinlich würde auch nichts dagegen sprechen, Herr Niebel nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen der Schmutzkampagne großzügig zu entschädigen. Unterm Strich hat so wenigstens ein Mensch dieser Republik "mehr netto vom brutto". Und einen Teppich.

  • N
    Niebel-ungen

    Er entwickelt sich von einem schlechten Minister hin zu einem Schmuggler und Betrüger, deswegen darf er sich ja Entwicklungsminister nennen.

  • JB
    Joachim Bindszus

    Die Politikerkaste benimmt sich immer widerlicher und unerträglicher. Einen "Frontbesuch" überhaupt für einen Schnäppchen-Teppichkauf zu nutzen, finde ich schon widerwärtig genug. Der Minister ist doch nicht auf Einkaufstour! (Zu Hause wird er sagen: "Schaut mal, was ich euch aus dem Krieg mitgebracht habe!")Dann noch den Zoll und damit den Staat zu betrügen, für den man immerhin ein Ministeramt ausübt, zeigt die grenezlose Verkommenheit des Ministers, der sich als für dieses Amt ungeeignet erwiesen hat.

  • JB
    Joachim Bindszus

    Die Politikerkaste wird immer widerlicher und unerträglicher. Einen "Frontbesuch" überhaupt für einen Schnäppchen-Teppichkauf zu nutzen, finde ich schon widerwärtig genug. Dann noch den Zoll und damit den Staat zu betrügen, für den man ein Ministeramt ausübt, zeigt die grenezlose Verkommenheit des Herrn Niebel. Allerdings gehört er ja auch einer Partei ohne Moral an.

  • GK
    Günther Kronenbitter

    Wirklich leid wird es Herrn Niebel nur tun, dass er erwischt wurde.

    Ansonsten stehen ihm ja wohl Sonderrechte zu, wie er auch einer Partei angehört, deren Klientel und sie selbst am liebsten Wasser predigt und selber Wein - besser noch Schampus - trinkt, und dies alles für ausgesprochen selbstverständlich hält.

    Nach dem Motto: Wir sind weder rechts noch links, sondern immer oben.

  • KS
    karl sochor

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    die dienstreise als schnäppchentour, und hinterher sagen das man sich nichts dabei gedacht hat. wie kann man soch einen de.... ein amt als entwichlungsminister geben. bei uns würde sich der einzelhandel auch freuen einen teppich zu verkaufen. aber das wäre diesem pfennigfuchser zu teuer. llieber noch einen draufsetzen und noch den staat bei den zollabgaben zu bescheißen. pfui.

  • V
    vic

    Ob Gastgeschenk oder nicht, ein 30 kg schwerer afghanischer Teppich ist definitiv zu wertvoll, um ihn ministeriell durch den Zoll zu schleusen.

    Bei jedem anderen ist das Schmuggel- und bei Herrn Niebel auch.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Ihr Doischen seid echt genauso bigott wie unsere us-amerikanischen Freunde.

     

    Seit wann ist es eine "Selbstanzeige", wenn ein Schmuggler und Steuerhinterzieher seine Schmuggelware nachträglich deklariert (bzw. es muss, nachdem schon die Kanzlerin peinlich berührt ist), wenn bereits vorher die Medien darüber berichtet haben?

     

    Erinnert mich irgendwie an Euren Lieblingskanzler Kohl. Sobald einer Eurer fähigen "Spitzen"politiker erwischt wird, gibt's keinen Ankläger.

     

    BananenRepublik Doischeland.

  • RJ
    rainer jankowski

    überhaupt: was ist das für ein geheimdienst der noch nicht mal einen teppich von a nach b befördern kann ohne das die presse davon wind bekommt ??????

    #

    dem herrn minister niebel kann man nur empfehlen: immer schön auf dem teppich bleiben und nichts unter den teppich kehren !

  • SE
    Sara E. Foster

    Dirk Niebel (FDP) schlachtet eigenhändig den Yasuni-Regenwald in Ecuador für die Erdöl-Industrie, aber Niebel bekommt erst dann Stress wenn er einen Teppich schmuggelt? Das ist ganz schön arm eigentlich. Ich kann nur hoffen dass die Sache für Niebel ähnlich ausgeht wie für Al Capone seine Steuerhinterziehungen.

  • T
    T.V.

    Verstehe. Wenn's also ein Gastgeschenk gewesen wäre, dann wär das genau so erlaubt gewesen. Den merk ich mir.

  • P
    phalanx

    Was ist ein unverzollter Teppich im Vergleich zu 182 neugeschaffenen Führungspositionen für Parteifreunde in seinem Ministerium.

     

    Ein Dreck.

     

    Oder ein Symbol für die allgemeine Rechtschaffenheit dieser [Abwertung Ihrer Wahl einfügen] Elite.

     

    Leistung muss sich wieder lohnen, nicht wahr!

  • J
    joanna

    Wenn stimmt was bei Wikipedia steht, dann ist eine Selbstanzeige mit Strafbefreiung nicht mehr möglich.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstanzeige

     

    Nicht mehr möglich ist die Selbstanzeige in drei Fällen:

     

    - Erscheinen eines Prüfers der Finanzverwaltung zur Prüfung

    - Einleitung und Bekanntgabe eines Steuerstrafverfahren

    - Entdeckung der Tat.

  • J
    Jürgen

    Zusammenfassend: Wenn ein FDP Mensch Umsatzsteuer zahlt, liegt dem ein Missverständnis zugrunde. Ein echter neuer Liberaler - Neoliberaler eben!

  • N
    nicki

    nebel ist ein steuerhinterzieher.

    mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

  • B
    bastapapsta!

    Möglicher Wortlaut

     

    So könnte es gewesen sein:

     

    Frau Niebel an ihren Mann: Seit wann hast du Sex mit Männern! ? Dirk Niebel : "Wie kommst du darauf ?" Frau Niebel : Versuch nicht, dich herauszureden ! Der Bundesnachrichtendienst hat angerufen, der Perser wäre schon gekommen! Du Schuft ! Wird also nix mit deinem Schäfer-Stündchen ! Die dachten, der wäre ein Geburtstagsgeschenk für mich ! "

  • JK
    Juergen K.

    UND ?

     

    Ist / Sind die Beamten auch per Gesetz IMMUN,

    die er "genötigt" / Beauftragt / angestiftet hat ?

     

    Können die sich vor dem "Kadi" herausreden ?

     

    Wo ist der Generalbundesanwalt ?

     

    Ab- "geschmiert" ?

  • A
    alladina

    Ist mir völlig wurscht, ob Niebel auf einem Teppich von Afghanistan nach Hause fliegt

  • DH
    Dr. Helmut Uhlarz

    Bleiben wir auf dem Teppich! Die unkorrekte Einfuhr des Teppichs ist doch nur lächerlich; viel mehr Geld geht durch das Fehlverhalten und die Unfähigkeit von Politikern verloren, s. BERliner Flughafen.

    Erschreckend ist, dass es beim BND Charakterlose gibt, die anonyme Briefe versenden!!! Wir müssen befürchten, dass sie, diese Feiglinge!, Geheimzuhaltendes - und wer weiß an wen? - ebenfalls anonym weiter geben.

    Sollte man herausfinden, wer diese charakterlosen Feiglinge sind, müssen sie gefeuert werden! Unser Land braucht im BND zuverlässige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - und keine Charakterlosen, die anonyme Briefe schreiben.

  • K
    kryssm

    Für mich persönlich sind Zöllner weltweit weitestgehend moderne Wegelagerer der Krone. Sie sind Teil des Abschottungssystems und einer globalen Gerechtigkeit nicht förderlich. Globale Gerechtigkeit aber ist die Grundvoraussetzung, damit die Welt wieder "in Ordnung" kommt. Wenn es global gerecht zugeht und z.B. Arbeit in China ebenso entlohnt wird wie in Deutschland, werden konsequenterweise keine Arbeitsplätze mehr verloren gehen, weil es sich für die Produzenten nicht mehr lohnt, in Billiglohnländer auszuweichen! Ich bin für die Abschaffung der Zölle und stattdessen für die Überwachung illegaler internationaler Geschäfte. Und der Politiker sollte schlicht und ergreifend so behandelt werden wir ein normaler Mensch, denn das ist er, nicht mehr und nicht weniger!

  • DW
    damals wars

    Hat die peinliche Rommelmütze gefehlt?

    Hat er gerade noch rechtzeitig seine Schäfchen ins trockene gepackt!

     

    Was war dem im Teppich eingewickelt.

  • WW
    willi wuchtig

    der Mann hat am Zoll vorbei einen Wertgegenstand eingeführt. Ob wissentlich und damit beabsichtigt oder unbeabsichtigt, spielt keine Rolle. Er hat mindestens eine Ordnungswidrigkeit begangen.

    Von einem Minister, der auf einen Stab von Juristen der gesamten Bundesregierung zugreifen kann, kann ich erwarten, dass er dies nicht macht, denn eine unverzollte EInfuhr passiert nicht einfach. Niebel reiht sich ein in die Falange von Schäuble, dem Spendenvergesser, Guttenberg, dem Urheberrechtsverletzer, Koch-Merin, der Plagiatorin und anderer fünftklassiger CDU / FDP Minister, die nichts weiter im Sinn haben, als sich auf Kosten des Volkes zu bereichern. Das sind Verbrecher.

  • JB
    Juergen Blessingen

    .....wenn man einen Teppich durch Mitarbeit des BND an allen üblichen

    Kontrollen vorbeischleusen kann, dann dürfte das

    für andere Stoffe, für die Afghanistan berühmt ist auch gelten. Die hinterzogene Steuer interessiert überhaupt nicht, 30 kg des weissen Pulvers wären Millionen wert.........

  • E
    erichhohenstein

    wie mann mal wieder sieht sind Politiker

    richtige raffkes , kleinen teppich aus

    afghanistan reinschmuggeln und sich ach ja wenn mann

    erwischt wird kann mann ja sagen es tut mir leid und ich mache es nicht noch mal.

    der herr Teppichschmuggler müsste eine strafe zahlen

    doppet so hoch wie der bayerntorwart olli k

     

    M f G

  • ER
    Ernst Rodenbeck

    Auf "normalem Wege" kauft der gemeine Bürger einen Teppich beim Teppichhändler seines Vertrauens in der Stadt, die seine Heimat ist.

    Dann hat der Händler im Orient etwas davon und der örtliche Handel auch. Und der lästige Gang zum Zollamt bleibt einem auch erspart.

    Im Übrigen: ich bin erstaunt, dass so wichtige und sicherheits-sensible Besuche von wichtigen Politikern so viel Zeit lassen, sich des Erwerbs eines Orientteppichs zu widmen.