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Nie gehörte Begeisterung

Von der nachgeordneten Dienststelle zur eigenverantwortlichen GmbH: Die Bremer Philharmoniker

Die Jahre der Animositäten, Verletztheiten, gegenseitigen Vorwürfe, auch mehr oder weniger offener Zoff vor allem mit der Behörde sind vorbei: In schönster Einheit aller Beteiligten präsentierten sich die „Bremer Philharmoniker GmbH“ im Schütting. Wenn man bedenkt, dass noch vor sechs Jahren der damalige Staatsrat für Kultur, Gerhard Schwandner, meinte, ein Generalmusikdirektor müsse kapieren, dass es sich bei dem Orchester nur um eine „nachgeordnete Dienststelle“ handelt, dann ist dieser formale Sprung in ein modernes Orchester ein gewaltiger Schritt.

Er ist geschafft, die Instrumentekästen tragen die Aufschrift: „Der Neue ist da“ und „12.9. ist Chefsache“. An diesem Tag wird Lawrence Renes im Rahmen des Musikfestes Gustav Mahlers Neunte Sinfonie dirigieren, einen Tag später die Premiere von Giuseppe Verdis „Aida“. Der Wind und der Schwung, den der 31-jährige Niederländer Renes mitbringt (siehe taz-Interview vom 3. September) weht ihm bereits entgegen: „Die Begeisterung und die Energie des Orchesters sind unglaublich“, sagte er auf der Pressekonferenz: „Sie hören Donnerstag ein Orchester, das haben Sie noch nie gehört“.

Das meint auch der seit dem 1. September neu engagierte Orchesterdirektor und kaufmännische Leiter des neuen Orchesters, der 1967 geborene Christian Kötter: ein „Paukenschlag“, was hier passiert sei: „Ab heute wird sich das Orchester neu präsentieren“ und daraus müsse ein „Leuchtprojekt für Deutschland“ werden. Kötter freut sich auf die Zukunft: „Es ist an uns, für ein volles Haus zu sorgen“.

Dabei kann er sich stützen auf die übersprudelnden Ideen von Renes, bei dessen Rede auffiel, welches große Gewicht er auf die Erreichung von neuen Zuhörerschichten legt. Ein Orchester für alle Bremer soll es werden, und dazu „müssen wir die Jugend erreichen. Wir werden in die Schulen gehen, damit alle merken, was für tolle Musik wir machen“.

Barbara Grobien vom Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft, gibt gerne zu, dass es bei der 178-jährigen Tradition, in der ausschließlich die Philharmonische Gesellschaft alle Geschäfte des Orchesters führte, nicht ohne Blessuren abgegangen ist, aber da es der Gesellschaft letztendlich darum ging, ein „Orchester von allerhöchster Qualität“ zu erreichen, freut sie sich jetzt, mit einem neu gewonnen Freundeskreis „Renes Visionen zu ermöglichen“.

Und Orchestervorstand Florian Baumann, einst im erbitterten Widerstand gegen die neue Rechtsform: „Wir haben kapiert, dass das für uns eine große Chance ist und wir sehen einer großen Zukunft entgegen“. Lauter große Worte wurden gesprochen, die allerdings ehrlich und von Grund auf in die Zukunft gerichtet klangen.

Das allerdings war auch nötig, wie die am Tag vorher von der Deutschen Kammerphilharmonie ausgerichtete Konferenz über „Orchesterformen der Zukunft“ bewies. Da diskutierten Karsten Witt (ehemals Gründungsmitglied der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und heute Chef der Deutschen Grammophon und des Londoner Southbank Centre), Per Erik Veng (General Manager des dänischen National Radio Sinfonie-Orchesters), Serge Dorny (Artistic Director des Philharmonic Orchestra London), die alle zum Jubiläum der Deutschen Kammerphilharmonie gekommen waren. Aus Bremen waren der Senator für Kultur, Inneres und Sport, Kuno Böse, der Geschäftsführer der Deutschen Kammerphilharmonie Albert Schmitt und der Intendant des Musikfestes Bremen, Thomas Albert, dabei.

Venk, Dorny und Witt, die es toll fanden, auf einen Senator zu treffen, der sich fürs Orchester interessiert, machten auf zwar unterschiedliche, aber letztendlich doch einmütige Weise deutlich, „dass es eine Lösung nicht gibt“, sondern dass jedes Orchester je nach Funktion, Projekten und Subventionslage seine eigene Form finden muss – so wie es die Kammerphilharmonie trotz aller Schwierigkeiten so beispielhaft vormacht. Vorbei sei weltweit die Hierarchie und die Abhängigkeit in Orchestern, vorbei sei das System der Tarifverträge: „Wir müssen uns fragen, was ist die Aufgabe, und die muss durch Strukturen abgesichert werden“, so Karsten Witt, „nicht umgekehrt. Dorny bestand auf der Wichtigkeit, von der modernen Industrie zu lernen, die Bereiche Pädagogik, Marketing und Fundraising auszubauen. Flexibilität muss erreicht werden, das heißt Fortbildungsgmöglichkeiten für die MusikerInnen nicht nur am Instrument, sondern Ausbildung der kommunikativen Kompetenz, damit das „Orchester auf die Leute zugehen kann“ (Witt).

Unterschiedliche Meinungen gab es über das Soll einer Orchesterstärke – im Augenblick noch ein besonders brisanter Punkt in Bremen, weil die Erfüllung des Versprechens von Kuno Böse, Renes 87 Stellen zu sichern, noch aussteht. Siebzig sei eine gute Basis, sagten die drei Herren, und vertraten auch die Meinung, dass man zuerst fragen müsse, was man denn überhaupt will. Christian Kötters Ziel, für das er natürlich auch noch ein paar MitarbeiterInnen braucht: „Es soll in Bremen keinen mehr geben, der die Bremer Philharmoniker nicht kennt“. Auf geht‘s. Die Vorzeichen stehen gut.

Ute Schalz-Laurenze

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