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Archiv-Artikel

Nichts in eigener Sache

Viele Medien informieren über die Lage bei der „Berliner Zeitung“. Sie selbst muss über „Wickie“ berichten

Von STG

„Nananana na nananana nana“ steht als Überschrift über dem Aufmacher der Medienseite der Berliner Zeitung vom Dienstag. Doch wer das als Protestgeheul wegen der am Vortag verkündeten Abschaffung des Medienressorts liest, liegt leider falsch: Im Text geht es um Internetangebote, die alte TV-Serien reanimieren – und das „nanana“ ist die Titelmelodie des ZDF-Kinderklassikers „Wickie und die starken Männer“ aus den Siebzigern.

Wie aber geht ein Blatt damit um, dass es selbst zum Thema der Berichterstattung wird? Die Blätter des Berliner Verlags gehen gar nicht damit um: Die LeserInnen der Berliner Zeitung oder des Kuriers bekommen von den Sparrunden, Kündigungen und Ängsten in Redaktionen und Verlagsbüros nichts mit.

Das war mal anders: Als 2003 der „Berliner Zeitungskrieg“ um die Frage tobte, wer die Berliner Zeitung denn kaufen dürfen sollte, berichtete diese souverän und neutral – per Agenturtext von dpa, weil man selbst Teil der Auseinandersetzung war. Als 2005 der britische Investor David Montgomery den Berliner Verlag übernahm, druckte die jetzt vor der Abschaffung stehende Medienseite ein wenig schmeichelhaftes Porträt des Zeitungsmanagers. Im Artikel „Mann mit schlechtem Ruf“ erfuhr man, dass es nicht einfach sei, „in Großbritannien jemanden zu finden, der Nettes über David Montgomery sagt“. Noch im Mai 2006, als Chefredakteur Josef Depenbrock eingesetzt wurde, konnte die Redaktion „In eigener Sache“ auf der Titelseite den „Verlust journalistischer Qualität“ befürchten. Und Depenbrock hatte sich in der gleichen Ausgabe an die Leser gewandt und warme Worte gefunden, die heute eher wie Hohn klingen: „Seit gestern stehe ich der Redaktion vor – und will es gleich zu Anfang unmissverständlich und klar sagen: Die Berliner Zeitung bleibt die führende Qualitätzeitung der Hauptstadt. (…) Wir wollen mit Qualität überzeugen, mit fundiertem, hintergründigem und erstklassigem Journalismus.“ Heute wird darüber lieber geschwiegen.

Einzig bei der Netzeitung, die ebenfalls zum Montgomery-Reich gehört, erfahren die LeserInnen noch indirekt, was los ist: Die Rubrik „Altpapier“ wertet täglich die Medienseiten der Republik aus, süffisanter Kommentar inklusive. Und die ebenfalls zu Montgomerys Mecom gehörende Programmzeitschrift Tip, bei der 25 Prozent der Stellen gestrichen werden, machte sich immerhin per Flugblatt Luft – das alternative Titelblatt vom Mai versprach das Sonderthema „Geld sozial: Sparen, sparen, sparen – und bloß nicht an die Leser denken“. STG