: Nichts für Boxernasen
■ St. Paulis Mannschaftsarzt Peter Benckendorff rät seinen Kickern im taz-Interview, im Spiel Nasenpflaster zu tragen
Bei der EM sorgten sie für Aufsehen: die Nasenpflaster, nach dem Vorbild US-amerikanischer Football-Profis. Die sieben Zentimeter langen und bis zu zwei Zentimeter breiten Plastikeinlagen machen auch vor der Bundesliga nicht halt. Peter Benckendorff, seit 1977 St.-Paulis Mannschaftsarzt, erklärte der taz hamburg, warum er seinen Spielern den Einsatz der Pflaster „absolut“ empfehlen kann.
taz: Welcher Glaubensrichtung muß man angehören, damit die Nasenpflaster „wirklich funktionieren“, wie Sie sagen?
Benckendorff: Das hat mit Einbildung gar nichts zu tun. Die positive Wirkung ist in etlichen Studien nachgewiesen worden. Es ist kein Placebo-Effekt, sondern ein echter.
Welcher denn?
Die Spieler können besser atmen. Die mit Kunststoffstäben verstärkten Pflaster laufen quer über den Nasenrücken und werden am unteren Ende der Nasenflügel angeklebt. Dadurch werden die Nasenflügel leicht angehoben und die Nasenlöcher so erweitert, daß mehr Luft und verstärkt Sauerstoff einströmen kann.
Leiern die Nasenlöcher mit der Zeit nicht aus?
Nein, das ist unmöglich. Man kann die Pflaster auch nicht einatmen, höchstens, wenn man sie falsch anwendet und sie sich mit Gewalt in die Nase stopft. Sonst gibt es keine Begrenzungen. Sie passen bei allen Nasen und gehen auch nicht ab, selbst wenn mal ein Ball drauffliegt. Jeder Ausdauersportler kann sie benutzen. Ob Profi oder Amateur ist egal. Nur für Boxer sind sie nichts.
Welche St.-Pauli-Spieler benutzen die Pflaster?
Seit Anfang des Jahres werden sie bei uns eingesetzt. Regelmäßig nutzen sie Oliver Schweißing und Nikolai Pisarew. Beide haben verengte Nasenkanäle. Ansonsten verwenden es alle Spieler, wenn sie Schnupfen oder sonstwie eine verstopfte Nase haben. Carsten Pröpper hat es auch nach seinem Nasenbeinbruch benutzt. Die Atemwege sind bei Gebrauch des Pflasters freier, das steigert das Wohlbefinden.
Auch die Leistung? Bei der EM sind alle Mannschaften, die die Pflaster benutzt haben, schon vor dem Halbfinale ausgeschieden.
Wer sagt denn, daß Spanien oder Kroatien ohne Pflaster überhaupt die Vorrunde überstanden hätten? Der Radprofi Bjarne Riis hat sie bei seinem diesjährigen Tour-de-France-Sieg mit Erfolg benutzt. Aber genaue Zahlen, um wieviel Prozent das Pflaster die Leistung verbessert, gibt es nicht.
Ist es nicht doch nur ein Humbug, mit dem sich der Hersteller eine goldene Nase verdienen will?
Nein, die Pflaster sind wirklich eine große Hilfe. Sie haben null Nebenwirkungen und benötigen keine chemischen Zusätze, weil sie rein mechanisch arbeiten. Der Kleber ist zudem sehr hautfreundlich, es reißt nichts ab, wenn man das Pflaster nach dem Spiel wieder abzieht – selbst nicht bei Haaren auf der Nase. Man gewöhnt sich sehr schnell an die Pflaster, das habe ich selber ausprobiert.
Dann ist der Klassenerhalt so gut wie sicher. Für alle Mann Nasenpflaster und die Sache läuft.
Schön wäre es. Aber ich glaube, daß wir auch so das richtige Näschen haben, um den Klassenerhalt zu schaffen.
Fragen: Clemens Gerlach
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