piwik no script img

■ KommentarNichts dazu gelernt

„Ein Bernbeck-Skandal darf sich nie mehr wiederholen“, hatte die Hamburger Bürgerschaft 1987 einmütig befunden. Ein Arzt, der hunderte Menschen zu Krüppeln operierte, Ärzte, die ihren Chef durch Schweigen stützten und eine Gesundheitsbehörde, die viel zu lange mauerte. Die Einsicht kam spät, aber die Versprechen auf Besserungen klangen gut.

Doch sie waren nichts wert. Der UKE-Strahlenskandal fördert zu Tage, daß nichts dazugelernt wurde: Eine unausgereifte Therapieform, die jahrelang an unwissenden Patienten erprobt wurde, und Ärzte, die von den katastrophalen Spätfolgen wußten, aber erneut dicht hielten.

Zwangsläufig kommt nun ans Licht, daß von den Maßnahmen, die vom Parlament gefordert wurden, fast nichts umgesetzt worden ist. Für manch ehrgeizigen Arzt scheint die Versuchung besonders hoch zu sein, unter dem Deckmantel der Forschung neue Methoden an Patienten zu testen.

Wahr ist, daß auch auch die Medizin vom Fortschritt lebt. Das kann jedoch nicht bedeuten, daß Kranke nichtsahnend als Versuchskaninchen mißbraucht werden. Mediziner sind keine Götter, auch wenn sie sich manchmal den Anschein geben, und können demzufolge Fehler machen. Aber alleine deshalb muß man ihnen abverlangen, ihre Patienten sorgfältig und umfassend zu informieren. Das wurde in der UKE-Strahlentherapie offensichtlich nicht getan, und dies ist der eigentliche Skandal.

Derweil plagt sich Wissenschaftssenator Hajen mit seinem Kurzzeitgedächtnis. Er bemüht sich, alle Fehler aus Bernbeck-Zeiten zu wiederholen. Abblocken, schönreden, hinhalten, abwarten, Gutachten bestellen - alles schon gehabt. Vielleicht sollte er besser handeln.

Sannah Koch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen