piwik no script img

■ Nichtrauchergesetz„Gelb im Gesicht“

Tumultartige Zustände im Parlament: „Schwachsinn!“ ruft der ehemalige SPD-Fraktionschef und Raucher Ditmar Staffelt in das Plenum, um den bündnisgrünen Gesundheitspolitiker Bernd Köppl aus dem Konzept zu bringen. „Mäßigen Sie sich“, antwortet Köppl in seinem nikotinfarbigen Jackett, der gerade den Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen für ein Nichtrauchergesetz begründet, „Sie sind ja schon ganz gelb im Gesicht.“ Streitpunkt zwischen Grünen und dem politischen Rest: Soll der Schutz von Nichtrauchern gesetzlich geregelt werden und im Extremfall sogar der Staat das Rauchen in Wohnungen mit Kindern verbieten dürfen? Franz Braun (CDU), Vater zweier Kinder, malt den Orwell-Staat „1984“ an die Wand. Mit einem verkappten „Raucherverfolgergesetz“ würde „Denunzianten und Schnüfflern“ Tür und Tor geöffnet. Sprachwissenschaftlerin Gesine Lötsch (PDS), Mutter zweier Kinder, malt ein anderes Horrorszenario: rauchende Eltern werden in grüne Minnas verfrachtet. Die Arbeitsplätze, die Zigarettendrehern in der Industrie durch das Köppl-Gesetzt verlorengingen, könnten „im ökologischen Landbau in Brandenburg“ neu geschaffen werden. Tabak-Arbeiter, ab in die Öko-LPG. Mit den revolutionären Worten „Die Macht der Raucher ist die Geduld der Nichtraucher“ verabschiedet sich die ehemalige SED-Frau aus der Bütt. Hans-Peter Seitz von der SPD glaubt, den wahren Grund für Köppls Gesundheits- Engagement entdeckt zu haben. Weil jener als Rotationsopfer der Grünen eine Zweidrittelmehrheit seiner Partei brauche, um wieder ins Abgeordnetenhaus zu kommen, und ihm deshalb der Kopf rauche, mache der ansonsten „kluge, fachkompetene, leistungsfähige“ Politiker billigen Populismus. Die Sozialdemokraten wollen, so kündigt Seitz an, den Gesetzentwurf genauso ablehnen wie die CDU. Der Entwurf wird nun im Gesundheitsausschuß behandelt und dort versanden. Eine Wirkung hatte die Debatte aber schon: Weil sich Kamerateams in der Wandelhalle und im Kasino auf paffende Parlamentarier stürzten, hatten diese das Qualmen eingestellt und die weißen Röllchen im Aschenbecher ausgedrückt. Als einer der wenigen hielt nur Staatssekretär Schmitt durch und einen Glimmstengel in der Hand. Dirk Wildt

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen